Das waren halt noch Zeiten, als die Webergasse in Marktleuthen im
Fichtelgebirge noch Ziegengasse hieß und die Flaschnerei dort tatsächlich
Weihnachtsbäume herstellte. Kein Scherz! Für
diesen erhielt der Flaschnermeister Georg Purucker aus der Ziegengasse in
Marktleuthen sogar ein Patent mit der Bezeichnung D.R.G.M 218 956
(D.R.G.M. = Deutscher Reichs-Gebrauchsmuster-Schutz).
Wer heute keinen Weihnachtsbaum kaufen (oder klauen) will, greift auf die
praktischen Plastikbäume zurück. Aber das Patent stammt schon von 1904, da gab
es so etwas noch nicht. Und ein Flaschner, heute sagt man eher Klempner oder
Spengler, arbeitet ja mit Blech und anderem Metall. Sollte es sich um einen
Weihnachtsbaum aus Blech handeln?
Die Antwort: Jein! Georg Purucker kam auf die Idee, den Stamm wiederzuverwenden
und nur die Zweige jedes Jahr zu erneuern. Ein Schreiner hätte vielleicht
Löcher in den Stamm gebohrt, um neue Zweige hineinzustecken. Der findige
Flaschnermeister aber brachte für jede Astreihe einen Kranz von Blechhülsen für
diesen Zweck an und nannte sie Zweighalter. Jede besaß ein kleines Loch, so
dass man mit einer eingesteckten Reißzwecke ein Herausfallen oder verdrehen des
Zweiges verhindern konnte. Die kleinen Hülsen waren jeweils kreisförmig an eine
größere gelötet, die über den Stamm geschoben wurde.
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Eine Gebrauchsanweisung mit einer Aufstellung, welche Zweige man zu sammeln
oder zu kaufen hatte, wurde mitgeliefert und dort steht vermerkt, dass
nur der aufmerksame Beobachter herausfinden dürfte, daß hier eine Imitation
vorliegt.
Außerdem wird betont, dass durch die regelmäßige Anordnung der Zweige der
Purucker'sche Christbaum
schöner wird als die meisten, häufig unregelmäßig gewachsenen natürlichen Bäume.
Tannen- oder Fichtenzweige waren billig zu haben und auch von Förstern und
Waldbesitzern bekam der Handwerker großes Lob für seinen Beitrag, den
Christbaumfrevel
und die alljährliche
Entwipfelung des Tannenjungwuchses
zu reduzieren. Ob der kommerzielle Erfolg mit dem großen Lob Schritt hielt,
konnte ich leider nicht in Erfahrung bringen.
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