Du, mein Licht in dunkler Nacht

Ein Liebesroman von Peter Althammer

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Johnnys Heimreise

Johnny saß längst im Zug nach Nürnberg. Ob ihn die Ironie des Schicksals oder gar sein Unterbewusstsein in dieses Abteil und diesen Platz zuwies, mag dahin gestellt sein. Jedenfalls war es derselbe Zug, dasselbe Abteil und derselbe Platz, auf dem er saß. Ihm ging es gar nicht gut. Tja, und wie sonst auch, starrte er aus dem Fenster. Jedoch dieses eine mal konnte er sich nicht an den Schönheiten der an ihm vorbeirasenden Natur und Örtlichkeiten erfreuen. Noch viel zu tief saß der Abschiedsschmerz von Sheila in seinem Herzen. Dann wurde er jäh aus seinen Gedanken gerissen.
»Fahrscheinkontrolle, bitte die Fahrkarte mein werter Herr.«, forderte der Kontrolleur. »Ah, das ist wohl ihr Lieblingsplatz?«, sagte der Kontrolleur.
Als Johnnys Blicke in dessen Richtung schweiften, während er seine Fahrkarte aus dem Rucksack fischte, erkannte er diesen Kontrolleur wieder, der sich ihm gegenüber ziemlich kess verhielt. Es war derselbige, der ihn auf der Hinfahrt kontrolliert hatte. Plötzlich fiel es ihm wieder ein. Er erkannte sehr schnell, dass er im selben Zug, im selben Abteil und auf derselben Fensterseite saß. Ja, es war jener welcher Kontrolleur, über den Sheila und er so herzhaft lachen mussten, weil er gar so klein war und, wie er nun feststellen musste, immer noch ist. Doch diesmal lachte Johnny nicht mehr.
Das ist wohl nun die Strafe, die ich dafür bekommen hatte, dachte sich noch Johnny, während der Kontrolleur die Fahrkarte mit seinem Gerät lochte.
»Mein Lieblingsplatz? Ja, das ist er. Sie wissen ja, die Macht der Gewohnheiten.«, entgegnete Johnny höflicherweise.
»Ja, ja, da haben sie gar nicht mal so unrecht. Dann wünsche ich ihnen eine angenehme Weiterfahrt.«, sagte der Kontrolleur und ging wieder seiner Arbeit nach.
Johnny lief es eiskalt den Rücken herunter. Was kann dies bedeuten, dass mich das Schicksal in genau dieses Abteil hat gehen lassen, wo Sheila und ich sich kennen gelernt hatten? Fragte er sich im Gedanken. Seine Blicke fielen auf den gegenüber liegenden Sitz, wo sie saß. Die Fahrt ging quälend langsam zu Ende und er kam auf dem Nürnberger Hauptbahnhof an. Johnny wollte gerade die riesige Bahnhofshalle verlassen, da blieb er abrupt stehen, machte Kehrt und ging schnurstracks in das Bräuerl. Das Bräuerl ist das in der Bahnhofshalle ansässige Restaurant, was aber eher das Flair eines Bayrischen Bierzeltes ausstrahlte. Nur eben um vieles größer als gewohnt. Er ging hinein und schnurstracks an die enorm mächtige Theke. Diese zog sich von einem Ende zum anderen, in einem Halbbogen von mindestens fünfundzwanzig Metern, quer durch den Saal. Um diese Zeit ist dort meist nichts los. Außer ihm und einer in etwa fünfzehn Meter zu seiner Linken entfernten, etwas betagten Frau, die ständig und nervig hörbar, in ihrer Tasse Kaffee herumlöffelte, waren sämtliche Barhocker leer. Johnny brauchte nun etwas Alkoholisches, um seine Herzschmerzen etwas zu betäuben. Er legte seinen Rucksack auf den leeren Barhocker zu seiner Rechten und bestellte sich eilends einen Schnaps nach dem anderen. Nach einer gewissen Weile, Johnny wurde schon kopfschüttelnd von der Bardame gemustert, ging es ihm schon gar nicht mehr so gut. Jetzt fühlte er sich noch elender, als wie er noch nüchtern war.
»Des is fei net gsund für Sie, junger Mann, gell. Hob ma glei dacht, das sie des net verdrong kenner. Und bei an Kummer drinkt ma scho glei goa net.«, sagte die etwas ältere und gut beleibte Bardame auf echt Bayrisch. Achtsam, eher etwas Verschwommen, sah Johnny über die Theke zu dieser Bardame.
»Wissen sie was? Sie haben Recht.«, sagte er unverblümt und bezahlte die Rechnung.
»Auf Wiedersehen. Ach übrigens, schickes Kleidchen, das sie da tragen«, sagte Johnny scherzhaft aber nicht böse gemeint.
»Du Depp du damischer, des is koa Kleid, des is a Dirndl.«, rief sie ihm griesgrämig nach.
So richtig betrunken, von diesen vier klaren Schnäpschen, war er nicht. Obwohl er nicht oft trank, schwankte er nicht ein bisschen. Etwas leicht schwummrig, dennoch willens und fähig, verließ er das Bräuerl wieder, ging aus der großen Bahnhofshalle und direkt zu dem dort immerwährenden Taxistand. Stieg in eines ein und fuhr nach Hause. Dort angekommen, grabschte er in seinen Hosentaschen nach dem Hausschlüssel. Endlich gefunden und in seiner Wohnung angekommen, klingelte schon gleich das Telefon, das sich auf seinem Computertisch befand. Er hob ab.
»Ja, Johnny Meinert am Apparat.«, gab er zur Antwort, obwohl er schon im Vorfeld ahnte, wer ihn da gerade anrief.
»Hallo Johnny, mein Liebling. Bist du gut angekommen! Ich habe mir schon Sorgen gemacht. Habe schon dreimal versucht dich zu erreichen.«, sagte Mimmi aufgeregt.
»Mimmi, beruhige dich doch, ich war am Bahnhof noch etwas bummeln. Und wie oft soll ich dir denn noch sagen, dass du dir um mich keine Sorgen zu machen brauchst.
»Das ist leichter gesagt als getan, mein lieber Junge. Aber nun etwas anderes. Hast du die Telefonnummer von Sheilas Zuhause, die ich dir in die Seitentasche des Rucksacks hineingelegt hatte, gefunden?«, fragte Mimmi etwas aufgeregt.
»Aber gewiss doch, Mimmi. Dennoch, ich werde dort sowieso nicht anrufen. Sheila sagte, ich solle auf sie warten, und genau das habe ich auch vor.«, sagte er in bedrückter Stimmung.
»Natürlich mein Junge, sollst du dich in Geduld üben, ich dachte ja nur. Sobald Sheila bei dir anruft und dich fragt, ob du noch ihre Telfonnummer hast, wäre es ja sehr peinlich, wenn du dies verneinen müsstest, nicht wahr Johnny?«, stellte Mimmi fest.
»Hm, da hast du nicht einmal so Unrecht. Was hätte sie über mich denken müssen, wenn ich sie nicht parat gehabt hätte. Mimmi, du kannst es wohl nicht abwarten mich unter den Pantoffel zu bringen, wie?«, sagte er belustigt.
»Na, das wird ja auch mal Zeit. Du bist jetzt 37 Jahre alt und ich möchte noch ein Urenkelkind miterleben. Ich denke das habe ich mir redlich verdient, oder etwa nicht, Johnny?«, sagte Mimmi fast fordernd.
»Aber natürlich hast du es dir verdient. Ich hab dich lieb, Großmutter.«, sagte er mit sanfter Stimme.
»Ich dich auch. Also, bleib tapfer und glaube fest an Sheila. Sie liebt dich wirklich. Das konnte ich in ihren Augen sehen. Ich habe da sehr viel Erfahrung, was die Menschenkenntnis angeht. Sie wird dich anrufen, wirst schon sehen, mein lieber Junge. Also Tschüss dann.
Ja, Tschüss Mimmi und auf bald.«, verabschiedete er sich und legte den Hörer auf.
Johnny ging in seinem Wohnzimmer zum Fenster, das zur Seite des Hinterhofes wies. Von dort aus konnte er auf das Vordach eines anderen Gebäudes gucken. Er sah, wie dort zwei Tauben in scheinbarem Gerangel und Flatterkampf um die Gunst eines Weibchens, das etwa zwei Meter davon entfernt gurgelte, rangen. So einfach müsste man es haben. Dachte sich Johnny und ließ dem Treiben der Natur seinen Lauf. Er ging nun zum Fernseher, der gleich zwei Meter neben dem Fenster in der Ecke auf einem dazu passenden Tisch stand und schaltete ihn ein. Es liefen gerade die Nachrichten. Er setzte sich in seinen bequemen Sessel hinein und schlief nach kurzer Zeit darin ein.



 Kapitel 13
© 2008 by Peter Althammer

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