Du, mein Licht in dunkler Nacht

Ein Liebesroman von Peter Althammer

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Die Geburt

Die Monate vergingen und Sheila wurde tatsächlich schwanger. Sie befand sich bereits im neunten Monat und es durfte nicht mehr weit der Niederkunft sein. Und sie hatten geheiratet. Es war eine Traumhochzeit, mit anschließenden Flitterwochen in Griechenland. Johnny las ihr jeden Wunsch von den Lippen ab, sofern seine Zeit dafür ausreichte. Er hatte den Führerschein erfolgreich gemacht und fand zudem bei seinem Herrn Schwiegerpapa eine Anstellung als sein persönlicher Sekretär. Seine Aufgabe war nicht sonderlich schwer, doch es gefiel ihm, denn er begleitete seinen Herrn Schwiegerpapa auf all seinen Geschäftsreisen. Und Reisen war für Johnny das Allerhöchste. Auch eine Lebenshilfe für seine Mimmi, die sich um den Einkauf und den Garten kümmerte, wenn Johnny keine Zeit hatte, wurde in Stellung genommen. Sheila hingegen beschäftigte sich trotz alledem mit ihrer Anwaltskanzlei und hatte bereits einige Erfolge zu verbuchen. Und sie stellten eine Haushälterin ein, sie hieß Traudel Huber und war 45 Jahre alt. Sie ist eine sehr nette und, was für Johnny und Sheila am wichtigsten war, zudem kindertaugliche Frau. Sie liebte Kinder über alles und hatte sehr viele Erfahrungen was Babys anging. Ihre letzte Anstellung, wo sie 25 Jahre lang als Mädchen für alles diente, verlor sie, weil erst die Hausherrin und kurze Zeit später der Hausherr verstarb und das gesamte Landgut an die Kinder vererbt wurde, die es anschließend gleich verhökerten, um sich nicht um das Anwesen kümmern zu müssen.
Sheila befand sich gerade in der Küche an der Spüle, wo sie ihre erst frisch gekauften Weintrauben wusch, als sie einen heftigen Schmerz in ihrem Kopf verspürte. Ihr wurde abrupt schwindlig, so dass sie sich hinsetzen musste.
Kommt wohl von dem Baby. Ich fühle mich auch sehr müde. Werde mich wohl besser etwas auf die Wohnzimmercouch legen. Dachte sie sich, tat es und schlief auch sofort ein. Noch bevor sie selig in das Reich der Träume entschlummerte, galten ihre letzten Gedanken natürlich Johnny. Sie war glücklich und zufrieden. Sie genoss das neue Leben mit ihm und könnte sich den Rest ihres Lebens keinen anderen Mann mehr vorstellen.


*


Zur gleichen Zeit im Flugzeug auf dem Weg nach Stuttgart: Johnny befand sich mit seinem Schwiegervater auf dem Nachhauseflug. Sie waren einen Abstecher nach Washington geflogen, um ein gewinnbringendes Geschäft abzuschließen. Mit Erfolg. Beide stießen gerade mit einem Glas Sekt an.
»Auf das perfekt abgeschlossene Geschäft, mein Schwiegersohn. Prost.«, sagte Gunther und genoss den Sekt sichtlich.
»Weißt du, was ich jetzt mache, ich werde kurz Sheila anrufen.«, gesagt getan. Johnny wählte die Nummer ihres Hauses. Einige Zeit verging und niemand ging an den Apparat. Was bei Sheila nichts Besonderes war. Doch irgendwie bekam er, wie schon einmal, ein ganz komisches Gefühl, das er in seiner Gedankenwelt nicht einordnen konnte. Begleitet von Unruhe und einem schlechten Gefühl drängte es ihn förmlich, nach Hause zu kommen.
»Ist was mit dir, mein Junge? Du bist mit einem male kreidebleich.«, fragte Gunther nun auch besorgt.
»Das weiß ich eben nicht. Sie geht ja nicht ans Telefon. Wie lange noch, bis wir am Flughafen sind, Schwiegerpapa?«, fragte er nervös und zappelig.
»Etwa zehn Minuten.«, sagte er, während sich ein paar Sorgenfalten in seinem Gesicht zeigten.
»Sicherlich geht es ihr gut, nicht wahr, Schwiegerpapa?«, fragte Johnny unruhig.
»Aber sicher doch, du kennst doch meine Sheila. Sie wird wieder Kleidung einkaufen, wie das letzte Mal. Du weißt doch, dass sie für dich die Schönste sein möchte. Schließlich hat sie dich nun über eine Woche nicht mehr zu Gesicht bekommen.«, beruhigte er Johnny, von seiner Meinung überzeugt.
»Aber natürlich, ich Dummkopf. Klar, sie wird wieder mal Einkaufen sein. Verschwenderisches Engelsgeschöpf, meine Sheila.«, sagte er sich selbst beruhigend, doch sein unruhiges Gefühl blieb dennoch. Wovor er am meisten Angst hatte, dass bis jetzt seine Eingebungen meist auf Wahrheit beruhten.
Einige Zeit später:
Vom Flughafen kommend, standen sie mit ihrer Limousine vor Johnnys und Sheilas Haus.
»Willst du denn nicht mit herein kommen, Schwiegerpapa? Sheila würde sich über deinen Besuch freuen.«, sagte er, da er Angst hatte, alleine hinein zu gehen.
»Ein anderes Mal, mein Junge. Auch ich habe bei deiner Schwiegermutter meine häuslichen Pflichten zu erfüllen. Sag Sheila einen schönen lieben Gruß von mir. Außerdem sehe ich euch morgen zum Abendessen. Es bleibt doch hoffentlich dabei. Du kennst doch die Schwiegermama, sie würde mir die Hölle heiß machen, wenn ihr nicht kämt. Denn außer den Dienstmädchen und meiner Wenigkeit wäre niemand hier, an dem sie ihre Marotten auslassen könnte.«, wies er fast flehend hin.
»Keine Sorge, Schwiegerpapa, ich werde mit Sheila pünktlich zum Abendessen da sein.«, sagte er.
»Bestens, allerbestens. Dann, mein lieber Junge, bis Morgen.«, sagte er und fuhr los.
Nicht schnell, wie es jeder Mann in seiner Situation täte, nein, ganz langsam, ja fast zögerlich ging er auf den Hauseingang zu und je näher er kam, desto langsamer wurde er. Da stand er nun, die Türklinke in der rechten Hand und drehte sie ganz langsam nach rechts bis sie sich schließlich öffnete. Er betrat das Vorzimmer und ging in Richtung des Wohnzimmers und sah sie regungslos auf der Couch liegen. Er trat unter schweigsamer Angst zu ihr und ging vor ihr auf die Knie. Er horchte, konnte aber keinen Atem hören. Mit einem Male packte er sie an den Schultern und riss sie mit einem Streich nach oben, wobei Sheila sich so erschrak, dass sie fast einen Herzinfarkt bekam. Auch er erschrak sich, ließ sie in die Couch wieder zurückfallen und wich entsetzt zurück.
»Johnny Meinert, hast du denn nun gänzlich deinen Verstand verloren. Wie kannst du mich nur so erschrecken?«, schrie sie ihn an. Doch nach diesem Sekundenschreck sahen sich beide an und es war um sie geschehen. Beide fielen sich in die Arme und küssten sich heiß und innig wie eh und je.
»Johnny, mein schöner lieber Johnny. Du musst damit aufhören, dich so sehr um mich zu sorgen. Du machst dich noch krank damit. Versprich es mir, bitte versprich es mir.«, flehte sie ihn an. Sheila wusste, seitdem sie von Karl gepeinigt wurde und Johnny sie so schwer verletzt an Leib und Seele im Wald entdeckte, dass er keine wirkliche Ruhe mehr fand. Das stimmte schon so, dass er sich manchmal übervorsichtig verhielt. Aber dass er eine Eingebung hatte, das verriet er ihr nicht und dass seine Eingebungen sich meist in die Realität umsetzten, auch nicht.
»Verzeih mir, Liebes. Ich habe Angst, dass dir was passieren könnte. Ich könnte es nicht ertragen, wenn das geschähe.«, sagte er ihr mit einem solchen Ernst, dass es Sheila ganz anders wurde. Doch schon nach wenigen Minuten fingen sich die beiden wieder und alles war vergeben und vergessen. Sheila befand sich gerade in der Toilette, ihre ständigen Kopfschmerzen wurden von Tag zu Tag schlimmer. Zudem fühlte sie sich wegen ihrer Schwangerschaft auch nicht besonders.
Das Abendessen bei ihren Eltern verlief, wie es verlaufen sollte. Johnny saß gerade vorm Fernseher und guckte sich die Tageschau an, als er einen lauten Bums vom Badezimmer her vernehmen konnte. Mit einem mächtigen Satz sprang er über die Couchgarnitur und raste zur verschlossenen Badezimmertür, hämmerte wie wild auf sie ein und schrie ihren Namen. Doch Sheila gab keine Antwort. Er wusste nun, dass etwas passiert sein musste. Wie oft hatte er Sheila gebeten, nicht abzuschließen, denn es könnte ja jederzeit das Baby kommen. Nach weiteren Fehlversuchen, Sheila dazu zu bewegen die Türe zu öffnen, ging er einige Meter zurück und nahm Anlauf. Mit einem wuchtigen Schlag seines linken Fußes gelang es ihm schließlich, die Türe einzutreten. Sheila lag mit dem Gesicht, also bäuchlings auf dem Boden. Das Schlimme an der Sache war, dass sie auch noch auf ihren Bauch lag und vermutlich durch den schweren Aufprall ihre Fruchtblase beplatzt war. Zudem blutete sie aus der Nase. Geistesgegenwärtig rannte er zum Telefon und rief den Notarzt an. Anschließend ging er zurück zum Badezimmer, hob sie auf und legte sie mit einem Kissen unter ihrem Kopf auf die Couch. Er feuchtete mit einem Tuch ihre Stirn und wartete auf den Notarzt.
Sheila, was hast du denn, Liebes, komm doch zu dir. Bitte Sheila.«, sagte er verzweifelt.
Langsam kam sie wieder zu sich und starrte Johnny mit ihren großen Augen an.
»Was ist denn geschehen, Johnny?«, fragte sie ihn noch völlig benommen.
»Liebes, du bist im Badezimmer in Ohnmacht gefallen. Bleib jetzt ruhig liegen, der Notarzt ist unterwegs.«, bat er sie.
»Oh mein Gott, meine Fruchtblase ist ja geplatzt.«, stellte sie entsetzt fest und begann zu schreien.
»Bleib jetzt ruhig, Sheila, denk an das Baby, du darfst dich nicht aufregen.«, versuchte er sie zu trösten.
In Johnny sah es nicht gut aus. Er musste sich gehörig zusammenreißen um nicht auch noch ohnmächtig zu werden. Dann endlich die Erlösung. Es klingelte Sturm an der Haustüre und durch die milchige Verglasung der Türe konnte er schon die weiß-orangen Jacken der Sanitäter erkennen. Eilends schritten sie ins Wohnzimmer.
»So, hier sind wir schon, danke, ab hier übernehmen wir. Sofort wurden die ersten wichtigen Maßnahmen ergriffen. Anschließend fuhren sie mit Sheila und Johnny ins Krankenhaus und wurden sofort auf die Entbindungsstation gebracht, wo Sheila einem süßen kleinen, zweitausendachthundert Gramm schweren und gesunden Mädchen das Leben schenkte. Johnny hielt sein kleines Mädchen in den Armen und er war den Tränen nahe. Sanft küsste er Jasmin, diesen Namen hatten beide schon im Vorfeld gewählt, falls es ein Mädchen würde. Ja, sie waren glücklich, bis zu dem Moment, an dem Sheila erneut schwere Kopfschmerzen bekam. Kurze Zeit später, die Schmerzen waren wie verflogen, kam ein Arzt herein.
»Guten Tag, Frau Meinert. Die Geburt ihres Kindes verlief gut, jedoch tut es mir leid, Ihnen sagen zu müssen, dass wir bei ihrer Blutuntersuchung auf bestimmte Auffälligkeiten gestoßen sind.«, sagte der Arzt zu ihr.
»Was für Auffälligkeiten denn?«, fragte nun Johnny den Arzt.
»Nun, das wissen wir auch nicht so genau, deswegen möchten wir ja morgen früh ihre Frau durchchecken, um genaueres zu erfahren. Sie sollten sich erstmal keine Gedanken darüber machen.«, sagte der Arzt etwas kühl.
»So, und warum dann die Untersuchung?«, fragte Sheila, berechtigterweise.
»So lange wir nichts genaueres wissen, können wir Ihnen nichts sagen oder gar andeuten. Das müssen sie schon verstehen.«, wiederholte er sich ständig.
»Bestimmt wird alles in Ordnung sein, Liebes. Also mach dir keine Sorgen.«, sagte Johnny, sie tröstend.
»Oh Johnny, ich habe gar kein so gutes Gefühl dabei.«, sagte sie sorgenvoll.



 Kapitel 24
© 2008 by Peter Althammer

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