Du, mein Licht in dunkler Nacht

Ein Liebesroman von Peter Althammer

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Das Gebet

Die Besucherzeit im Krankenhaus verging wie im Fluge und Johnny wurde mal wieder nach Hause geschickt, wo er sich bereits befand. Den Schwiegereltern wollte er noch nichts sagen, dass die Ärzte bei Sheila eventuell eine Krankheit entdeckt hatten. Sie würden sich wieder bis fast zur Ohnmacht um Sheila ängstigen. So lange nichts Definitives feststand, um was es sich handeln konnte, mochte er noch warten. Da saß er nun allein auf der Wohnzimmercouch und sah fern. Er machte sich Gedanken und Sorgen. Er konnte einfach nicht begreifen, von wie viel Unglück doch seine Sheila umgeben war. Erst die Entführung und nun vielleicht auch noch eine gefährlich Krankheit, die die Ärzte vielleicht schon entdeckt hatten aber noch nicht darüber reden wollten. Johnny betete in seinen Gedanken zu Gott, dass er sie beschützen solle. Er verlangte ja nicht viel, er wollte doch nur ein gemeinsames Leben mit Sheila und seiner Tochter verbringen. Leben wie jeder andere Mensch. Nicht mehr aber auch nicht weniger.


*


Der vergangene Abend verging für Johnny sehr langsam, dennoch, er verging und er befand sich bereits im Krankenhaus bei seiner Sheila. Ärzte waren auch bereits hier und gaben ihr Beruhigungsspritzen zur Vorbereitung der Untersuchung. Der dafür zuständige Oberarzt riet Johnny, wieder nach Hause zu fahren, da die nun stattfindenden Untersuchungen sehr lange andauern würden und er sowieso nicht dabei sein durfte. Doch er lehnte ab. Er wollte solange warten, bis er die Diagnose bekam und seine Sheila wieder in die Arme nehmen konnte. Und er wartete und wartete und ging ab und an zu seinem Baby Jasmin. Dann war es endlich soweit. Johnny wurde zu diesem Oberarzt, zugleich Chefarzt, Julius Bremer, gerufen.
»Guten Tag Herr Meinert. Ach, bitte setzen sie sich doch.«, sagte er ganz nett.
»Wo ist meine Frau?«, sagte er und unterbrach den Chefarzt in seinem Vortrag.
»Ihrer Frau geht es dementsprechend gut. Sie schläft noch, wird aber in den nächsten Minuten vom Aufwachraum in ihr Zimmer gefahren.«, sagte er mit ernstem Blick.
»Was meinen sie mit 'dementsprechend'?«, fragte Johnny besorgt.
»Ich meine, den Umständen entsprechend. Zudem muss ich Ihnen mitteilen, dass wir bei den Tests einen bösartigen Tumor im hinteren Kopfbereich ihrer Frau entdeckt haben.«, sagte er.
»Das darf doch alles nicht wahr sein. Was muss diese Frau denn noch alles mitmachen. Sagen sie mir, Doktor Bremer, bitte die Wahrheit, wie stet es wirklich um sie?«, fragte Johnny mit seinen Tränen ringend.
»Tja, ich will ganz ehrlich zu Ihnen sein. Wenn wir nicht so schnell wie möglich die dafür notwendige Operation durchführen, wird ihre Frau sterben. Verstehen sie, umso länger wir warten, umso gefährlicher und größer wird dieser Tumor.«, sagte er unverblümt.
»Und wenn sie nicht operieren, sagten sie?«, vergewisserte er sich nochmals.
»Wie ich schon sagte, wenn wir nicht sobald wie nur irgend möglich diesen bösartigen Tumor operieren, wird ihre Frau diese, spätestens die nächste Woche sterben müssen. Die Operation wurde auf morgen früh um acht Uhr angesetzt. Wir brauchen dazu ihr persönliches Einverständnis bzw. ihre Unterschrift.«, erklärte er Johnny und hielt ihm die Einverständniserklärung unter die Nase. Da saß nun Johnny und kämpfte mit sich selbst. Wie soll er es Sheila nur sagen. Und dass er es ihr sagen würde, darauf bestand er sogar. Für ihn brach eine Welt zusammen. Er unterschrieb die Einverständniserklärung, gab Doktor Bremer die Hand und verließ das Ärztezimmer mit langsamen Schritten. Fast trottend ging er wieder in ihr Krankenzimmer.
Ob sie sie schon vom Aufwachraum zurück verlegt haben? Dachte er sich noch und ging langsam auf die Türe ihres Krankenzimmers zu. Ganz langsam und sehr leise öffnete er die Türe einen Spalt, so dass er hinein sehen konnte. Da lag sie nun friedlich und wunderschön zugleich. Sie drehte ihren Kopf in seine Richtung.
»Johnny, was ist, warum kommst du nicht herein?«, sagte sie und schenkte ihm ein Lächeln. Doch als sie seinen Gesichtsausdruck sah, schien es so als wüsste sie längst, dass mit ihr etwas nicht stimmte und er sich deshalb so still und in sich gekehrt verhielt.
»Oh Gott, Johnny was wird denn aus euch beiden nun werden, ich kann euch doch nicht alleine lassen.«, sagte sie ganz leise und streichelte durch sein Haar, wie sonst auch, wenn er sich bedrückt fühlte.
Selbst in dieser Situation denkt sie nicht einmal an sich selbst. Was für einen Engel hast du mir geschenkt, oh Herr, und nun willst du sie mir auch noch wegnehmen. Das werde ich nicht zulassen, hast du das gehört? Das werde ich nicht zulassen, dachte sich Johnny verzweifelt.
Er hielt ihre rechte Hand und streichelte über sie.
»Hör mir zu, mein Engel. Sie wollen dich schon morgen früh um acht Uhr operieren.«, sagte er ihr mit schwerem Herzen.
»Was genau haben sie denn nun festgestellt, mein Liebster?«, fragte sie ihn ganz leise, weinend.
»Sie sagten, du hättest einen bösartigen Tumor im Hinterkopf und dass er sobald wie nur möglich herausoperiert werden müsste.«, erklärte er ihr, tapfer.
»Johnny, warum geschieht mir all das? Wieso mir?«, fragte sie.
»Ich weiß es nicht. Glaube mir, wenn ich könnte, würde ich sofort mit dir tauschen. Das glaubst du mir doch, Liebes?«, sagte er verzweifelt.
»Natürlich, mein schöner Johnny, das weiß ich doch längst. Ich habe Angst. Was ist, wenn ich morgen früh nach der Operation nicht mehr aufwache. Was wird aus dir und Jasmin? Oh Gott, meine Mama und mein Papa, ihre Herzen würden für immer und ewig entzweibrechen.«, sorgte sie sich.
»So, Liebes, jetzt hörst du mir mal genau zu. Versprich mir, dass du mir genau zuhören wirst?«, verlangte er von ihr.
»Ich verspreche es dir, ich schwöre es dir!«, sagte sie, während er ihr ganz tief in die Augen sah.
»Du wirst nicht sterben. Du wirst nicht sterben, sage es mir nach.«, forderte er von ihr.
»Ich werde nicht sterben.«, sagte sie. »Ich werde morgen nicht sterben. Ich will leben. Leben für dich und Jasmin.«, wiederholte sie immer und immer wieder. Dann kam eine Schwester herein und gab ihr erneut ein Beruhigungsmittel. Sie unterhielten sich noch einige Zeit und gaben sich gegenseitig Mut, bis Sheila schließlich erschöpft einschlief.
Er brach nun in einen Weinkrampf aus. Dann kam eine Schwester herein und riet ihm, sie nicht mehr zu wecken, dass sie in wenigen Stunden sowieso operiert werden würde. Er verließ das Zimmer und beschloss, in die Krankenhauskapelle zu gehen, um für sie zu beten.
Einige Zeit später, Johnny hatte seinen Schwiegereltern längst Bescheid gegeben, saß er ganz vorne auf der Gebetsbank in der Krankenhauskapelle und betete. Und er betete laut.
»Oh Herr, mein Gott und Vater, bitte lasse es nicht zu, dass meine Sheila an dem Tumor stirbt. Weißt du, ich bin kein sonderlich guter Christ und Kirchgänger. Auch bete ich meistens nur, wenn ich Sorgen habe. Aber dieses eine Mal kannst du doch eine Ausnahme machen. Weißt du, es ist ja nicht für mich. Es ist für meine Frau, die einzige Frau die ich jemals liebe. Und denk doch auch an unsere Tochter Jasmin. Sie braucht ihre Mutter doch, nicht wahr? Also, nimm bitte nicht meine Frau Sheila zu dir. Für dich spielt doch Zeit sowieso keine Rolle. Bitte, ich flehe dich an. Bitte, du Gott der Liebe.«, bat er zu Gott.
Sieben Uhr dreißig im Wartesaal des Krankenhauses:
Johnny saß längst mit seinen Schwiegereltern im Wartesaal, unmittelbar in der Nähe des OPs, wo Sheila gerade seit vier Stunden operiert wurde. Bedrückende Stille beherrschte den Raum. Nur das leise Weinen ihres Vaters konnte man hören. Johnny klopfte mit leichten Händen auf seines Schwiegervaters Rücken, um ihm etwas Beistand zu widmen, um ihn zu trösten. Dabei bräuchte er selbst eine gehörige Portion Trost. Die Schwiegermutter saß ganz still und irgendwie apathisch wirkend neben ihrem Mann. Sie starrte immerzu in eine der Ecken des Raumes. Ihre Augen wirkten starr. Sie traf es am meisten von allen, da sie, wenn es um ihre Tochter ging, nicht fähig war zu hoffen. An eine mögliche Genesung ihrer Tochter zu glauben. Für sie stand schon alles im Vorfeld fest. Dann plötzlich vernahmen sie laute Schritte im Vorgang neben dem Wartesaal, die immer lauter wurden. Für Johnny waren dies schreckliche Momente. Er vernahm die pochenden Schritte wie in einem immer lauter werdenden Echo, das zunehmend seinen Ohren Schmerzen bereitete. Langsam schloss er seine Augen, während diese unerträglichen Schritte immer und immer näher zu kommen schienen. Er senkte sein Haupt und wartete. Dann kam der Chefarzt persönlich herein und sprach Johnny an. Diese Stimme von dem Arzt schien für Johnny ganz weit, weit weg. Seine Hände zitterten und er schwitzte vor Angst. Seine Knie wurden butterweich. Er konnte in diesem Augenblick nicht aufstehen, selbst wenn er es wollte. Sein Gehirn dachte nur noch in einem Satz. Bitte lass sie leben, bitte lass sie leben. Er sehnte sich diesen Augenblick herbei um endlich von dieser grausamen Angst befreit zu werden. Doch nun konnte er nicht mehr. Ihm wurde so schlecht, dass er glaubte, sich gleich übergeben zu müssen. Dann vernahm er einen festen Händedruck. Er hob seinen Kopf nach oben während er seine Augen öffnete.
»Herr Meinert. Ihre Frau hat die Operation gut überstanden.«, sagte, und sichtlich auch erleichtert, der Chefarzt.
»Was, sie meinen, sie wird, sie wird wirklich leben Herr Doktor?«, fragte er völlig durcheinander. Er fiel dem Chefarzt in die Arme und weinte. Seine Schwiegereltern kamen hinzu und waren überglücklich.
»Ja, sie können jetzt alle aufatmen. Sie wird leben. Die Operation ist zu einhundert Prozent gut verlaufen.«, bekräftigte der Chefarzt Doktor Julius Bremer nochmals.
In diesem Moment dachte Johnny in tiefster Demut an Gott und sein Gebet an ihn in der Kapelle.
»Herr Doktor, kann ich zu ihr?«, fragte Johnny den Arzt.
»Tut mir leid, das wäre jetzt nicht sehr gut für ihre Frau. Was sie jetzt braucht ist absolute Ruhe. Außerdem wäre sie die nächsten Stunden sowieso nicht ansprechbar. Das Beste für alle Beteiligten wäre, dass sie nach Hause fahren und morgen so gegen Mittag während der Besuchszeit wieder kämen.«, bat Doktor Bremer sie.
»Aber ich wollte doch bei ihr sein, wenn sie wieder aufwacht.«, drängte Johnny weiter.
Das kann ich nur ablehnen. Sie dürfen sie in keiner Weise aufregen auch nicht in Form von einer Wiedersehensfreude. Seien sei doch vernünftig und gehen sie nach Hause. Sie können ihr alles morgen berichten, was ihnen am Herzen liegt.«, gab der Doktor nicht nach.
Johnny musste einsehen, dass dies das Beste für Sheila war und gab schließlich nach.
Am nächsten Morgen trafen sich Johnny und seine Schwiegereltern vor ihrem Anwesen, um gemeinsam Sheila zu besuchen. Johnny hatte einen mächtigen Strauß von einhundertzwanzig Rosen dabei. So alt soll seine Sheila werden. Dann kam der große Augenblick.
Gemeinsam gingen sie in das Zimmer von Sheila ,die gerade dabei war Jasmin mit Babymilch zu füttern. Sheila hatte Rosige Wangen und fühlte sich blendend. Vor allem als sie ihre Familie sah, lebte sie förmlich auf. Die Wiedersehensfreude war riesig. Und Johnny bekam einen leidenschaftlichen Kuss von ihr. Nur ihrer Haare wegen schämte sie sich sehr, denn wegen der Operation wurden ihre schönen Haare abgeschnitten.
»Liebes, die Haare wachsen doch wieder nach. Wichtig ist doch, dass du wieder gesund bist.«, sagte Johnny mit einem Lächeln im Gesicht. Er Küsste sie ganz zärtlich.
»Mein schöner Johnny. Ich habe es immer gewusst, du bist mein Licht in dunkler Nacht.



Ende
© 2008 by Peter Althammer

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