Noch ein Bild vom Hexenfeuer oder Besenbrennen in Marktleuthen im Fichtelgebirge. Heute einfach ein "Event", früher bittere tödliche Realität für viele unschuldige junge Menschen!
Sagen, Legenden, Märchen
In der Literatur finden wir Hexen in alten
Sagen und Legenden, die sich teilweise auch in den Märchen der Gebrüder Grimm niederschlugen, bis zu heutigen Historischen Romanen und modernen Kindergeschichten wie Otfried Preußlers
Die kleine Hexe und
Bibi Blocksberg. In den alten Märchen sind es meist alte gebückte oder gar verkrüppelte Weiblein.
Heilerinnen
Die Historiker fanden in alten Gerichtsprotokollen oft Anklagen gegen junge starke Frauen, heilkundige und kräuterkundige Heilerinnen, die sich durch Heilerfolge und Geburtshilfe auszeichneten. Die Kirche schrieb nämlich Krankheiten und Leiden göttlichen Prüfungen zu, persönlichen Verfehlungen und Sünden, oder sogar der Erbsünde von Adam und Eva. Natürlich wusste man noch nichts von Bakterien oder Viren, die Krankheiten waren die Strafe Gottes. Heilkunst duldete man höchstens in Klostermauern. Wo kämen wir auch hin, wenn jeder macht, was Hildegard von Bingen tut. Vielleicht war es sogar Konkurrenzdenken. (
Heilerinnen im Mittelalter von Annerose Sieck)
Nach den wahren Ursachen der Krankheiten zu forschen,
war deshalb für die katholische Kirche ein Werk des Teufels,
auf das die Todesstrafe stand!
Auch Männer wurden der Zauberei angeklagt und hingerichtet. Schon im 15. Jahrhundert erließ Papst Innozenz VIII. die
Hexenbulle, verfasst von dem "Hexentheoretiker" und Inquisitor Heinrich Kramer, der später auch den Hexenhammer schrieb und sich damit rühmte, mehr als 200 Hexen überführt zu haben. Papst Innozenz VIII. war es übrigens auch, der das Blut von zehnjährigen Knaben getrunken haben soll, um länger am Leben zu bleiben, mehrere Geliebte gleichzeitig hatte und viele Kinder hinterließ. Das Zölibat verpflichtet ja "nur" zur Ehelosigkeit, einen Harem für seine Vergnügungen kann man da ruhig unterhalten. Um sein Leben zu verlängern, soll er sich auch teilweise von Muttermilch ernährt haben, die er aus den Brüsten von Ammen saugte. Obwohl sich das finstere Mittelalter seinem Ende zuneigte, waren Hexenbulle und Hexenhammer nur der Anfang, und die Hexenverfolgungen erlebten erst in der beginnenden Neuzeit ihren Höhepunkt, bis die Philosophen des Zeitalters der Aufklärung und soziale Revolutionen dem ein Ende setzten. Ein Weiterleben des Hexenglaubens und Aberglaubens konnten sie bis heute nicht verhindern.
Die verbreiteten Hexenverfolgungen in der beginnenden Neuzeit wurden übrigens nicht direkt vom Papst in Rom gesteuert, sondern verbreiteten sich eher wie die heutigen Verschwörungstheorien unter Inquisitoren, Priestern, Mönchen und im Volk. Selbst Martin Luther soll gesagt haben:
»Mit Hexen und Zauberinnen soll man keine Barmherzigkeit haben. Ich wollte sie selber verbrennen.« Auch wenn der Reformator Luther in mancher Beziehung für seine Zeit fortschrittlich dachte, machen ihn solche Aussprüche heute nicht gerade sympathisch. Ich nehme es ihm auch übel, dass er sich in den
Bauernkriegen auf die Seite der Feudalherren und Adligen stellte. Weiterhin soll er unter anderem geschrieben haben:
»Gemeinhin ist es der Weiber Natur, dass sie viel Zauberei und Aberglauben treiben ... und die Hexen, das sind Teufelshuren, welche das Wetter machen, die Milch stehlen und auf dem Besen reiten!« Dass solcher Aberglaube im gemeinen ungebildeten Volk verbreitet war, kann man ja noch nachvollziehen, aber auch die gebildeten Priester und Ratsherren scheinen das wirklich geglaubt zu haben.
Möglicherweise sah man in den Hexen auch Nachfahren oder zumindest Anhängerinnen der alten heidnischen Naturreligionen, die es zu bekämpfen galt. Die Menschen vermissten die weibliche Seite der Religion, die Muttergöttin, möglicherweise auch ein Grund, dass die katholische Kirche die Marienverehrung einführte, um diese Sehnsucht zu befriedigen.
Die Wasserprobe
In dem
bairischen Stück "Die Bernauerin" beschreibt Carl Orff mit eindrucksvollem Chorgesang und Dramatik eine Wasserprobe. Herzog Albrecht verliebt sich in die Tochter eines Baders, Agnes. Der große Standesunterschied stößt seinem Vater, dem regierenden Herzog Ernst, sauer auf. Als Albrecht unterwegs ist, wird sie festgenommen, als Hexe verleumdet, das Volk von einem Mönch aufgehetzt, und Agnes einer Wasserprobe ausgesetzt, die immer mit dem Tod endet. Man fesselt sie, und wirft sie in die Donau. Geht eine Frau dabei unter, war sie unschuldig und ertrinkt. Konnte sie sich über Wasser halten, war sie eine Hexe und wurde verbrannt. Vince Ebert nennt das in seinem Vortrag "Denken lohnt sich" eine »Klassische Win-Win-Strategie aus Sicht der Kirche«. Obwohl man sagen muss, dass auf dem Höhepunkt der Hexenverfolgungen, der schon in der Neuzeit, im 16. und 17. Jahrhundert lag, die Urteile nicht mehr von Inquisitoren, sondern von weltlichen Gerichten beschlossen wurden, allerdings mit Billigung der Kirche. Bei der Bernauerin traf die erste Möglichkeit zu, sie ertrank, war also unschuldig!
2007 wurde das Stück auf der Freilicht-Bühne der
Luisenburg-Festspiele in Wunsiedel eindrucksvoll von Michael Lerchenberg inszeniert. Ich durfte im Chor singen und mitspielen. Die Musik Carl Orffs, die Dramatik und die Regie Lerchenbergs auf dieser grandiosen Freilichtbühne im Fichtelgebirge war ein unvergessliches Erlebnis.