Gibt es Satan, den Teufel?
Meiner Meinung nach ist er ein Symbol für das Böse in uns. Indem wir ihn von uns auslagern und ihn als ein mystisches Wesen denken, das nicht zu uns gehört, sondern uns von außen, von der Hölle oder sonstwo zum Bösen verführt, schieben wir unsere Schuld auf einen mystischen Einfluss. Er ist also eine Ausrede für unser Tun, für das wir uns schämen oder wegen dem wir angegriffen werden. Ein fruchtbares Feld für
Legendenbildungen. Beispiele gibt es zu Hauf, vom Paradies, in dem Eva die Schuld auf den Teufel schiebt, der sie zum Biss in den Apfel verführte, bis in moderne Zeiten, als zum Beispiel der Mörder Stefano Brizzi bei seiner Festnahme aussagte, Satan habe ihm den Mord befohlen. Da ist der Weg zur Unzurechnungsfähigkeit nicht weit, die vor dem Strafgesetz als
Schuldausschließungsgrund gilt.
Das Paradies der Schuldunfähigkeit
Der Beginn dieser Ausreden und Ent
schuldigungen liegt bei der Menschwerdung, dem Übergang vom Tier mit angeborenem instinktgesteuertem Verhalten, dem in der Evolution entstandenem Recht des Stärkeren, zu einem Wesen mit Moralvorstellungen, dem sein Gewissen "drückt". Symbolisch pflanzte Gott dafür den
Baum der Erkenntnis von Gut und Böse in den
Garten Eden. Das ist der Augenblick, als der Mensch das
Paradies der Schuldunfähigkeit verlassen musste. Vor allem die Schuldfähigkeit unterscheidet uns vom Tier und sie ist die Voraussetzung für Bestrafung nach dem Strafrecht. Und wir neigen dazu, die Schuld auf andere zu schieben, zur Not auch auf Satan.
Macht durch Angst!
Für die Darstellungen oben gibt es allerdings einen anderen Grund: Mit der Angst der Menschen vor dem Leben nach dem Tod, mit Höllenqualen und dem Fegefeuer, genauso wie mit dem altägyptischen Totengericht, festgehalten im
Ägyptischen Totenbuch mit über 4000 Jahre alten Vorstellungen vom Weg der verstorbenen Seelen, oder dem Hades der Griechen und Römer, konnte man über Jahrtausende die Menschen in Angst und Schrecken versetzen. Luzifer, Satan, Teufel und Schlimmeres herrschen dort und bringen den gestorbenen Menschen die größten Qualen bei. Diese Angst wurde vielfach benutzt, um Reichtümer anzuhäufen, von den Priestern und Einbalsamierern des alten Ägypten über die Ablassverkäufe der katholischen Kirche bis zu manchen modernen Glaubensgemeinschaften und Sekten. Schon Martin Luther prangerte diese Praktik scharf an. An die Hölle, den Satan und
Hexen glaubte aber auch er.
Es gibt allerdings auch tröstlichere Beschreibung des Lebens nach dem Tod, wie zum Beispiel das Tibetische Totenbuch, in dem der Geist den Tod überwindet, oder die keltische Vorstellung der Seelenwanderung, die allerdings nach der Zeitenwende von der Christianisierung verdrängt wurde.
Totenbücher