Der lange Weg der Grünen: Eine Partei zwischen Protest und RegierungJürgen W. Falter, Markus Klein
Taschenbuch
Der Schatten Joschka Fischers im grünen Lichtkegel ziert den Umschlag dieses Parteienporträts nicht von ungefähr. Denn kein anderer Politiker konnte in der aus der ökologischen Protestbewegung der 70er-Jahre hervorgegangenen Partei je einen derart prägenden Einfluss gewinnen. Nicht immer ohne Widerstände hat er ihr seinen Stempel aufgedrückt, ohne den sie womöglich aufgrund ihrer inneren Konflikte in der parlamentarischen Versenkung verschwunden wäre. Heute sind die Grünen nicht nur Regierungspartei, sie stellen mit Joschka Fischer darüber hinaus den Politiker im Lande, dessen Popularität die sämtlicher Kollegen aller Parteien bei weitem überragt. Es ist - wenn man so will - sein Verdienst, dass der realpolitische Flügel heute alle anderen dominiert. Für die Wähler der Grünen war, wie die Autoren zeigen, Fischer für ihre Wahlentscheidung sogar wichtiger als der Kanzlerkandidat Edmund Stoiber für die Wähler von C D U/ C S U. Doch Der lange Weg der Grünen ist kein Porträt Joschka Fischers allein. Markus Klein und Jürgen F. Falter zeichnen in ihrem Buch vielmehr die sehr junge Geschichte der grünen Partei in ihrer Gesamtheit nach - von ihren Anfängen im Wurzelgrund der Protestbewegung gegen ökologische Ignoranz der Bonner Altparteien und deren festgefahrene parlamentarische Riten in den späten 70er-Jahren bis in die Gegenwart: einer Gegenwart, die geprägt ist von der staatstragenden Rolle der aus den letzten Wahlen mit ihrem bislang besten Ergebnis hervorgegangenen Grünen als Koalitionspartner der S P D. Auf den ersten Blick mag es deshalb überraschen, dass das Schlusskapitel des nur wegen seines wissenschaftlichen Jargons hier und da zwar einmal ein wenig trockenen, insgesamt aber doch empfehlenswerten Bandes ausgerechnet " Die Grünen in der Krise" überschrieben ist. Freilich könnte man sagen, die zuverlässige Wiederkehr tief greifender Krisen sei in der wechselvollen Geschichte der Grünen bis heute die einzig zuverlässige Konstante gewesen. Doch die Autoren diagnostizieren in diesem Schlusskapitel mehr als die Fortdauer eines chronischen Kränkelns. Sie sehen die grüne Regierungspartei vielmehr in einem strukturellen Dilemma, für das sich bislang noch keine Lösung abzeichne. Nicht nur hätten sich, der demografisch-kulturellen Logik folgend, die Jungwähler, "die früher als das naturgegebene Wählerpotential der Grünen galten", von der Partei abgewandt. Vielmehr habe sich die Partei auch zu sehr im Windschatten ihrer Galionsfigur Fischer positioniert. Dies könne sich dann als verhängnisvoll erweisen, wenn bisherige Stammwähler in der immer noch zunehmenden Personalisierung irgendwann dann doch eine nicht mehr hinzunehmende Preisgabe urgrüner Prinzipien sähen. -Andreas Vierecke
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