Tagebuch der Reise nach Italien über die Schweiz und Deutschland: Herausgegeben, übersetzt und mit einem Essay versehen von Hans StilettMichel de Montaigne
Gebundene Ausgabe
Berühmt geworden ist Michel de Montaigne durch seine 1580 erschienenen Essais: Moralisch-philosophische Betrachtungen über Gott, den Menschen und die Welt, die zum Vorbild für ein ganzes Genre wurden. Weniger bekannt ist, dass der französische Adelige auch ein Reisetagebuch verfasst hat, das nun in neuer Übersetzung und schöner Ausstattung im Eichborn-Verlag wieder aufgelegt worden ist. Um sich von einem Nierenleiden zu kurieren, bricht Montaigne im September 1580, begleitet von vier Edelleuten und einem Sekretär, im französischen Beaumont zu einer ausgedehnten Bäderreise nach Italien auf. Über Basel und Schaffhausen führt ihn sein Weg zunächst nach Süddeutschland: Er reist durchs Allgäu, hält sich ein paar Tage lang in Augsburg und in München auf. Über den Brenner geht es nach Venedig und zu den Quellen von Abano, dann nach Florenz und Rom. Mehrere Monate bleibt Montaigne zur Kur in einem Badeort bei Lucca. Nach einem zweiten Besuch in Rom kehrt er schließlich nach eineinhalb Jahren über Mailand und Lyon nach Frankreich zurück. In seinem Tagebuch hat Montaigne die Eindrücke von dieser Reise festgehalten. Stichpunktartig knapp beschreibt er Orte, Landschaften und fremde Bräuche. Was ihm ins Auge fällt, reicht von den Tischsitten über Baderegeln, Bratspieße und Bettvorhänge bis hin zur Zahl der Kurtisanen. Dazwischen findet man Kuriosa - z. B. eine detaillierte " Schilderung des Fusskusses beim Papst" -, aber auch vieles, das sich bis heute kaum geändert hat: So klagt bereits Montaigne über halsabschneiderische Preise, schlechte Betten und betrügerische Fremdenführer. Montaignes Tagebuch ist ein kulturhistorisches Kompendium, in dem man auch als Laie mit Vergnügen blättern kann. Mit zeitgenössischen Stichen illustriert und ausführlichen Anmerkungen versehen, vermittelt es ein anschauliches Bild vom Reisen in der Renaissance. -Bernhard Wörrle
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