Der neue GolfkriegHerfried Münkler
Taschenbuch
Der Berliner Politikwissenschaftler Herfried Münkler ist mit dem Thema Krieg bestens vertraut. Hier analysiert er es aus einer auf den jüngsten Irak-Krieg fokussierten Perspektive. Seine beiden letzten Veröffentlichungen Über den Krieg im Allgemeinen wie über Die neuen Kriege im Besonderen weisen ihn als Kenner der politischen Theorie vom Krieg ebenso aus wie als einen Analytiker auf der Höhe der Zeit. Und so ist denn auch Der neue Golfkrieg weitaus weniger der kalkulierte verlegerische Schnellschuss als man vermuten könnte. Tatsächlich hatte der ohnehin für diese Aufgabe gut vorbereitete Autor ja in den Monaten vor dem erwarteten Waffengang Zeit genug, die Fäden zu spinnen, die er dann rechtzeitig zusammenweben konnte, um das Buch unmittelbar nach Beginn der Kampfhandlungen auf den Markt zu bringen. Jedenfalls ist dabei ein Buch herausgekommen, in dem sowohl die kausale Vorgeschichte als auch die Folgen dieses Golfkrieges alles andere als oberflächlich analysiert werden. Münklers Untersuchung bezieht sich denn auch weniger auf das durchsichtige propagandistische Vorspiel der U S A und ihrer Verbündeten, sondern vielmehr auf die sehr viel länger währende Vorgeschichte. Dabei geht er auch auf die Ursachen des zur Befreiung Kuwaits notwendig gewordenen zweiten Golfkriegs 1991 ein, dem ersten asymmetrisch geführten Krieg des vergangenen Jahrhunderts. Der Autor vertritt mit überzeugenden Begründungen die Auffassung, die U S A hätten ihre Haltung in der Irak-Frage nicht erst - wie häufig behauptet wird - als Reflex auf den 11. September 2001 grundlegend geändert, sondern sich spätestens 1998 das Scheitern der bis dahin verfolgten Politik eingestanden. Damals habe die Regierung Clinton mit der Aktion " Desert Fox" offen auf eine neuerliche Konfrontation mit dem Irak gesetzt. In dieser Kontinuität sei die Politik der Bush-Regierung zu sehen und nicht in deren Antiterror- und Präventionsrhetorik. Kritisch beurteilt Münkler die Folgen der neuen U S-Präventivschlagsdoktrin, die das völkerrechtliche Gewaltverbot aushebelt. Dieses gelte in Zukunft wohl nur noch für diejenigen Staaten, denen nicht die notwenige militärische Macht zu Gebote steht, Ausnahmen von der für alle anderen geltenden Regel zu definieren. Vor diesem Hintergrund stellt sich für den Autor auch die Frage nach der zukünftigen Stellung Europas in der Weltpolitik "im Schatten der militärischen Hegemonie der U S A". Münklers Buch mag bei seinem Erscheinen für manchen Geschmack vordergründig vielleicht ein klein wenig zu aktuell gewesen sein. Wer es aufmerksam liest, wird jedoch schnell erkennen, dass es weit über seinen aktuellen Anlass hinausweist. -Andreas Vierecke
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