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Du, mein Licht in dunkler Nacht
Ein Liebesroman von Peter Althammer
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Das Warten
Das darf doch alles nicht wahr sein, die Zeit will und
will einfach nicht verstreichen. Es sind erst drei Stunden vergangen,
seit Sheila mich anrief. Ich werde bestimmt heute Nacht kein einziges
Auge zubekommen. Egal, die Hauptsache ist doch, dass sie auch wirklich
morgen früh um zehn Uhr kommt. Grundgütiger, reiß dich
gefälligst zusammen, bist doch kein Teenager mehr, dachte sich
noch Johnny.
Er befand sich derweil, nach dem Gespräch mit
Sheila, wieder im Garten. Er hasste es, angefangene Arbeiten nicht zu
Ende zu führen. Die Zeit wollte und wollte nicht vergehen. Er
hatte das Gefühl, als wollte sich die Zeit ihm in den Weg
stellen. Nur noch im Unterbewusstsein kehrte er das ausgedörrte
Laub, das regelmäßig von den Obstbäumen herab fiel,
zusammen, um es anschließend in die Kompostkiste zu werfen.
Ja, er machte sich zu viele Gedanken.
Wie soll ich mich verhalten. Was zu ihr sagen, wenn sie
vor mir steht? Hoffentlich mache ich keine Fehler in meinem
Verhalten ihr gegenüber. Ach was, wird schon schief gehen. Ob
ich sie gleich küssen soll? Oder sollte ich warten. Ja, ich werde
warten, bis der richtige Zeitpunkt gekommen ist, dachte sich Johnny.
Ja, er war so in seinen Gedanken versunken, dass er gar nicht mal
bemerkte, dass es schon langsam Abend wurde. Plötzlich wurde er
jäh aus seinen Gedanken gerissen.
»Johnny?«, rief Mimmi mit lauter und
beherrschender Stimme nach ihm.
»Johnny, Liebling, hör das Arbeiten auf, das
Abendessen ist fertig und angerichtet.«, rief sie abermals.
»Sofort, Mimmi, ich werfe nur noch den Rest
Blätterhaufen in dem Kommpost.«, erwiderte er.
»Ist gut, mein Junge, mach aber nicht so lange,
ja?«, forderte sie ihn auf.
»Versprochen, Mimmi, bin gleich bei dir.«,
warf er ein.
So saßen Mimmi und ihr Enkel beim Abendbrot und
unterhielten sich über dieses und über jenes. Doch
sonderbarerweise kein einziges Wort über das Fräulein
Sheila. Klar beobachtete die Großmutter Johnnys Verhalten aufs
Genaueste.
Wie tapfer doch mein lieber Enkel ist. Wie er sich
bemüht, mir nichts anmerken zu lassen, ja wie er versucht, jedes
Problem das er hat, vor mir zu verbergen. So dass ich mich ja nicht
aufrege. So ist nun mal mein lieber Enkel. Nun, ich spiele sein
Spielchen einfach mit. In manchen Situationen ist eben Schweigen
besser als reines Gold. Dachte sich Mimmi insgeheim.
»Mimmi, das Essen war wie immer köstlich. Ich
bin müde und gehe heute etwas eher zu Bett, wenn es dir Recht
ist?«, sagte er im sanften Ton zu ihr und küsste sie auf
die rechte Wange.
»Aber gewiss doch, mein lieber Junge. Versuch etwas
zu schlafen. Und mach dir keine Sorgen, sie wird morgen kommen und es
wird dein schönster Tag seit langem. Gute Nacht Johnny.«
»Gute Nacht, liebe Großmutter.«, und er
ging auf sein Zimmer, das eine Etage höher lag. Quasi im
Dachgeschoss. Kaum dort angekommen, folgte wie schon so oft das
gleiche Ritual. Er öffnete das Fenster, das zur Straßenseite
lag und zündete sich eine Zigarette an. Da stand er nun im Rauch
seines Glimmstängels und pustete den Rauch, den er genüsslich
inhalierte, zum Fenster hinaus. So glaubte er, dass seine Mimmi nichts
bemerkte. Doch weit gefehlt, sie wusste es schon sehr lange. Er stand
da und dachte nach. Seine Zigarette neigte sich so langsam dem Ende
zu und er schnippte den Rest Stummel aus dem Fenster. Ein kurzes und
tiefes Einatmen, gefolgt von einem sich erbärmlich anhörenden
Seufzer. Er stellte das Fenster auf die Kippstellung, um nachts etwas
frische Luft atmen zu können. Ohne sich zu entkleiden ließ
er sich auf das Bett, das unmittelbar hinter ihm stand, in die
Rückenposition fallen. Er legte seinen linken Arm über
seine Augen und begann an etwas anderes als an Sheila zu denken. Der
Gedanke an den nächsten Morgen würde ihn mit Sicherheit
nicht einschlafen lassen, ja es würde ihn in einer Art
Liebesrausch versetzten. Einige Zeit lag Johnny noch wach, doch
schließlich siegte der Schlaf über das Wachsein und er
schlief ein.
Am nächsten Morgen.
»Aufstehen, Schlafmütze. Es ist Zeit, das
Frühstück ist fertig.«, rief seine Großmutter
heiter und bei bester Laune durch den Raum.
»Sag mal Mimmi, musst du immer so schreien?«,
beschwerte sich Johnny.
»Gewiss mein lieber Junge, sonst stehst du ja
nicht auf oder? Ach, ich hätte beinahe vergessen dir zu sagen,
dass Sheila heute doch nicht kommen kann.«, schwindelte Mimmi,
mit einer bestimmten Absicht.
Als das Johnny hörte, sprang er förmlich aus
seinem Bett heraus und kuckte seine Mimmi an, als ginge die Welt
unter.
»Mimmi, sag mir bitte, dass dies ein Witz von dir
war?«, flehte er sie an.
»Natürlich war das ein Witz. Was für
einen Grund hätte denn Sheila, nicht zu kommen. Außerdem so
glaube ich, ist Sheila ein anständiges junges Mädchen. Sie
hätte bestimmt die Courage gehabt und wenigstens angerufen.«,
entgegnete Mimmi ganz frech.
»Ja aber warum sagst du dann so etwas?«,
fragte Johnny völlig durcheinander.
»Nun, mein lieber Junge, so schnell wie heute
hatte ich dich noch nie aus dem Bett bekommen. Dieses eine mal kannst
du wenigstens die gekochten Eier warm zu dir nehmen, die ich dir mit
Liebe zubereitet habe. Außerdem solltest du nicht mit deiner
Kleidung schlafen. Das gehört sich nicht. Ich gehe schon mal an
den Frühstückstisch und hoffe, du kommst auch bald nach?«,
forderte sie.
Johnny war wortwörtlich sprachlos über das
Verhalten seiner Großmutter. Doch insgeheim musste er fast
lachen.
»Ja, Mimmi, ich ziehe mir nur noch schnell was
Frisches an und komme auch gleich zum Frühstücken.«,
antwortete er.
Während er sich umzog, guckte er auf die Uhr, die
auf dem Nachkästchen neben dem Bett stand. Es war genau sechs
Uhr morgens. Noch genau vier Stunden bis Sheila kommt. Vier Stunden!
Meine Güte, was für eine Ewigkeit. Dachte er sich so.
Unmittelbar nach dem Frühstück.
Johnny war gerade dabei, den Tisch abzuräumen und
das benutzte Geschirr in den Spülautomaten zu schlichten, als es an
der Türe klingelte. Mimmi war gerade dabei, sich im Badezimmer
umzuziehen. Er ging an die Tür und öffnete sie.
»Ah, Guten Morgen Sir Peter von Pfefferberg. Ich
freue mich, sie einmal wieder zu sehen.«, mit Freuden schüttelte
er Sir Peter die Hand.
»Guten Morgen Johnny, die Freude ist ganz auf
meiner Seite. Sag mal, wie geht es dir denn so?« Fragte er wie
eh und je, wissbegierig.
»Nett, dass sie fragen, Sir Peter, mir geht es gut.
Und wie geht es Ihnen.«, fragte Johnny höflich.
»Och, wie soll es schon einem alten Mann wie mir
ergehen. Es geht so.« entgegnete Sir Peter etwas schwer
atmend. Doch wie ich höre, mein lieber junger Mann, hast du die
Etikette der Höflichkeit nicht verlernt, was mich in dieser und
heutigen, ach, so modernen Zeit, aufs tiefste beeindruckt.«,
lobte er Johnny, mit einem Lächeln auf den Lippen.
»Nun, Sir Peter, ich hatte ja die beste Lehrerin
in Sachen Etikette.«, lobte er eine ganz bestimmte Person.
»Gewiss, in der Tat. Deine Großmutter ist
schon etwas ganz Besonderes.«, frohlockte Sir Peter.
Vor lauter Geplapper dachte Johnny nicht einmal, dass er
eigentlich Sir Peter ins Haus bitten sollte. Denn beide standen
noch immer zwischen Tür und Angel. Mimmi war mit ihrer
peinlichst genauen Körperpflege schon eine Weile fertig,
lauschte und beobachtete das Gespräch zwischen Johnny und Sir
Peter von Pfefferberg.
»Genug nun der Höflichkeiten. Mein lieber
Junge, warum bittest du nicht Sir Peter herein. Manchmal muss ich
mich wirklich über dich wundern, Johnny.«, gab sie etwas
verlegen, jedoch mit gekonnter Manier von sich.
»Sir Peter von Pfefferberg, Sie müssen meinem
Enkel schon verzeihen. Die Jugend von heute, na sie wissen schon, was
ich meine. Aber bitte treten sie doch ein, mein Bester. Mein Retter
in Nöten.«, schmeichelte sie ihm.
Und als er diese lieben Worte von seiner heimlichen
Angebeteten hörte, erstrahlten seine Augen wie tausende von
Sternen. Verlegenheit pur überflutete sein treues Herz.
Nicht doch, meine Beste. Das tue ich doch gerne für
sie. Wenn sie mir erlauben, dies einmal auszusprechen. Sie sehen
heute besonders entzückend aus.«, schmeichelte auch er
seiner Angebeteten, wobei er sanft ihren rechten Handrücken
küsste. Was sie leicht erröten ließ.
Johnny genoss diese Momente. Er war sich schon länger
sicher, dass dies der richtige Zeitgenosse für seine Mimmi, für
ihre letzten und hoffentlich noch vielen Lebensabende sein musste.
Sie kamen beide aus gutem Hause. Beide kamen in den Genuss, exzellenter
Internate bzw. weltmännischer Erziehung, zu studieren. Sie
drückten sich in formgerechten Ausdrucksweisen aus. Beide
hielten viel von Ehre, Etikette und stets seinem Gegenüber
weitaus überlegen zu sein. Und sie liebten sich schon viele
Jahre. Was keiner von beiden jemals zugeben würde. Zu groß
war die Angst, abgelehnt zu werden. So begnügte sich ein jeder
mit der vorhandenen Freundschaft. So saßen alle drei im
Wohnzimmer und hielten erst einmal maulaffenfeil.
»Sir Peter, wie wäre es denn mit einem
kleinen Likörchen?« Fragte sie ihn gekonnt aber auch um
diese stumme Sitzung etwas zu entschärfen.
»Mit Freuden Verehrteste.«, gab er Antwort.
»Johnny mein Junge, magst du vielleicht auch ein
Likörchen?«, fragte sie ihn.
»Nein danke, Mimmi, ich nehme mir ne Limo aus dem
Kühlschrank.«, erwiderte er.
So stießen allesamt an und kamen so langsam ins
Gespräch.
Johnny kuckte immer öfter auf seine Armbanduhr, die
er gegen alle Regeln auf dem rechten Arm trug. Was Sir von Peter
natürlich nicht entgangen war.
»Johnny, wie mir scheint hast du es eilig, da du
stetig auf deine Armbanduhr siehst. Wegen mir musst du nicht hier
bleiben.« Warf Sir von Peter ein.
»Nein, es ist nicht so wie sie meinen Sir Peter.
Johnny ist deshalb etwas nervös, weil ihn doch nachher um genau
zehn Uhr seine geliebte Sheila besuchen kommt.«
»Also, Mimmi, ich bin doch nicht nervös.«,
errötet versuchte er sich zu verteidigen. Doch er war längst
von Sir Peter von Pfefferberg durchschaut worden.
»Gnädigste, darf ich recht in der Annahme
gehen, dass diese Sheila vielleicht etwas mit dem Namen Roiger zu tun
hat?« Fragte er so ganz beiläufig, obwohl er es schon
wusste.
»Sir Peter, sie sind mir ja so ein Schlitzohr,
verzeihen sie mir diese Ausdrucksweise, doch ich weiß, dass sie es
schon längst wissen. Sie wollen doch nur eine Bestätigung,
nicht wahr mein Bester?«, ging Mimmi in Kontra über.
»Meine Liebe, wie immer haben sie mich
durchschaut. Meine Hochachtung für ihre glänzende
Aufmerksamkeit. Sherlock Holmes ist in der Tat ein Stümper
gegen Sie.«, schmeichelte er.
»Na, na, nicht so viele Lorbeeren auf einmal, mein
Guter.«, sagte sie mit einem Blick, der alles aussagte.
Johnny derweil genoss wieder einmal die exzellente
Unterhaltung zwischen die beiden Persönlichkeiten. Und für
eine kurze Weile vergaß er seine Aufregung. Mit einem Male
dachte er an Sheila. Er kuckte wieder einmal auf die Uhr. Wieder
einmal musste er erkennen, dass die Zeit ihren eigenen Rhythmus ging
und dabei ihren eigenen Weg zu formen, ohne Wenn und Aber. Viel zu
langsam lief für ihn die Zeit. Er liebte dieses Geschöpf
so innig, dass er wahnsinnig werden könnte, wenn sie ihn jemals
ablehnen würde. Doch wünschte er nun, vom Schicksal etwas
mehr Zeit zu bekommen. Er wusste nicht, wie ihm plötzlich
geschah. Seine Sehnsucht nach ihr war größer denn je und
doch überkam ihn eine Angst, wie er sie niemals zuvor spürte.
Es war eine Mischung aus allem an Gefühlen. Als befände er
sich noch in der Pubertät, wo ihm seine Sinne zudem körperliche
und geistige Verwirrung stifteten.
»Noch sechzig Minuten, dann werde ich sie endlich
wiedersehen. Oder vielleicht kommt sie ja gar nicht? Ach, Unsinn.
Warum sollte sie nicht kommen. sie sagte, sie empfände das
gleiche, was auch ich für sie empfinde.« Dachte er sich.
Ja, Johnny brachte sich selbst durcheinander. Mimmi und Sir Peter
Pfefferberg unterhielten sich mit großem Interesse für
einander. Nur Johnny saß schweigend, nervös, mit seinen
Fingern spielend im Sessel. Für ihn wollte und wollte diese
Stunde einfach nicht enden. Nur schleppend verstrich Minute um
Minute, bis es schließlich doch soweit war. Es klingelte an der
Haustüre.
»Johnny, willst du nicht an die Türe gehen? Es
wird Sheila sein.« Doch Johnny stand nur regungslos da und
brachte kein einziges Wort über seine Lippen. Wie gebannt, wie
festgewurzelt, nicht mehr fähig sich zu bewegen, guckte er wie
in einem Traumzustand, einfach nicht mehr willens und fähig zu
reagieren. Abermals klingelte es an der Haustüre.
»Was ist denn mit dem Jungen los?«, fragte
Sir Peter Mimmi etwas verdattert.
»Na, verliebt ist der Junge, was sonst. Na dann
gehe eben ich die Türe öffnen. Grundgütiger Junge. Ich
muss mich doch sehr über dein Verhalten wundern. Komm endlich zu
dir.«, schüttelte sie ihn kurz an beiden Schultern und
ging mit flotten Schritten in Richtung Haustüre. Langsam öffnete
sie die leicht quietschende und schwere Haustüre.
»Ah, das ist sie ja endlich. Willkommen liebes
Kind. Wie schön du doch bist.«, freute sich Mimmi mit
offenem Herzen, während sie Sheila innig umarmte. Sie wünschte
sich schon immer, dass ihr Enkel eine so liebe und nette Frau
bekommen würde. Dennoch, einen kleinen Hauch von Hintergedanken
behielt sie schon für sich. Sie wünschte sich so sehr,
wenigstens einmal ihre Urenkelin oder Urenkel in den Armen zu halten.
Das ließ sie leben, behielt sie am Leben, gab ihr die nötige
Kraft, alles nur erdenkliche zu tun, dass ihr geliebter Enkel eine
Familie gründete und nicht mehr so einsam und alleine zu sein.
Zwar mit den üblichen Sorgen, die damit verbunden sind, doch ein
neues Leben mit seiner Familie leben kann, so wie sie es einst gelebt
hatte. In aufrechter Haltung, stolz mit seiner Familie durch die
Straßen des Lebens zu schreiten.
Kapitel 8
© 2008 by Peter Althammer
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