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Du, mein Licht in dunkler Nacht
Ein Liebesroman von Peter Althammer
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Johnny befand sich gerade am Herd und schlug am
Pfannenrand ein paar Eier auf. Dazu ein paar Scheiben Toast, und
fertig war eine kleine Mahlzeit. Für einen Single nichts
Ungewöhnliches. Ob er nun Single war oder nicht, das konnte er
sich, das erste Mal in seinem Leben, selbst nicht so recht
beantworten. Die begonnene Beziehung hatte Sheila ja wahrlich nicht
beendet. Sie sagte, er solle auf sie warten. Was er ja nun tat. Die
Spiegeleier waren schnell fertig, der Toast getoastet und die heiße
Tasse Kaffee stand schon fertig auf dem Wohnzimmertisch. Der
Fernseher bereit für die Nachrichten. Tja, was konnte sich ein
Mensch wie Johnny denn eigentlich noch mehr wünschen. Da saß
er nun und stocherte mehr oder weniger irgendwie lustlos in seinen
Spiegeleiern herum. Obwohl er hungrig war, brachte er kaum ein Stück
herunter. Irgendetwas bedrückte ihn. Er hatte ein merkwürdiges
Gefühl. Nur konnte er es nicht deuten oder in irgendeiner
Situation einordnen. So stand er grundlos auf und ging ins
Badezimmer. Dort angekommen stellte er sich vor den Spiegel und
starrte sich an, als erwartete er von sich selbst eine Antwort.
Natürlich bekam er keine. Dann ging er wieder in das Wohnzimmer
zurück und setzte sich wieder vor seine, mittlerweile kalt
gewordene, Spiegeleier.
»Was ist denn plötzlich mit mir los? Das kann
es doch nicht geben.«, sprach er im Selbstgespräch. Er
fing an, im Wohnzimmer auf und ab zu laufen und wurde zudem immer
unruhiger und konnte in diesen Momenten mit seinen Gefühlen
überhaupt nichts anfangen. Wenn Johnny etwas hasste, dann, wenn
etwas nicht in Ordnung zu sein schien und er nichts damit anzufangen
wusste. Er kam sich in solchen Momenten gefühlsblind vor. Mit
Mimmi ist bestimmt alles in Ordnung, wir hatten ja erst kürzlich
miteinander telefoniert. Er sah auf die Uhr, die an der Wand über
dem Fernseher hing.
Es ist gleich vierzehn Uhr. Um diese Zeit befindet sich
Sir Peter von Pfefferberg bei ihr. Sie spielen gerade Karten, Herz, Ass,
miteinander. Er hat für den Notfall meine Telefonnummer und
hätte bestimmt angerufen, wenn mit Mimmi etwas sein sollte. Das
kann es also nicht sein, grübelte er weiter nach. Johnny
beschloss, sich nicht verrückt zu machen. Oft hatte er so gewisse
Vorahnungen, und am Ende geschah dann doch nichts. So ging er zu
seinem Bücherregal, nahm das längst angelesene Buch, Krieg
und Frieden, an sich, setzte sich in seinen Sessel und begann zu
lesen.
*
Währenddessen im Hause der Roigers. Claudia und
ihre Dienstmädchen befanden sich gerade in der wohlverdienten
und einstündigen Kaffeepause. Sie und ihre Mädchen hatten
dafür einen extra Raum mit einem Fassungsvermögen von bis
zu zwanzig Mitarbeitern. Für das Wohlergehen der gesamten
Belegschaft scheuten Herr und Frau Roiger keine Kosten, fast keine
Kosten. Was noch fehlte, bzw. benötigt wurde, reichte Claudia
meist mit einer schriftlichen Bitte an die Frau des Hauses ein.
Dafür befand sich eigens ein kleiner Zettelkasten aus Holz,
direkt vor dem Wohnbereich der Herrschaften. Man kann sich
vorstellen, wie es sich anhörte, wenn sich bis zu zwölf
Dienstmädchen in einem Raum befanden. Da wurde geschnattert und
herumgezickt, was die Gemüter nur hergaben. Da wurde aus
Liebeskummer geweint, getröstet usw. Da wurde gelacht,
ausgelacht, geärgert, bis von einer gewissen Dame Einhalt geboten
wurde. Eine eben ganz normale Kaffeepause im Hause der Roigers.
Claudia versank in ihren Gedanken. Sie musste an Sheila denken, die
eigentlich von der Stadtbibliothek schon längst hätte
zurück sein sollen. Anrufen konnte sie Sheila ja nicht, da
Sheila von Handys einfach nichts hielt und folglich auch keines bei
sich trug. Aber die Telefonnummer der Bibliothek besaß sie.
Alice, eines der Dienstmädchen, das ein besonders
gutes Verhältnis zu Sheila hatte, fragte Claudia, wann denn Sheila
wiederkäme, sie müsste doch längst von der Bibliothek
zurück sein.
»Ja, Alice, ich dachte eben auch an sie. Sie ist
längst überfällig. Ich werde mal in der
Stadtbibliothek anrufen und sie durch den Lautsprecher ausrufen
lassen. Das habe ich früher, als sie noch regelmäßig
dort hinging, auch öfter getan. Claudia zückte ihr Handy und
rief in der Bibliothek an. Nach einem ausführlichen Gespräch
schaltete Claudia verdutzt das Handy aus. Aufhorchend und auf eine
Antwort gespannt wurde es in der Kaffeestube mit einen male
Mucksmäuschenstill. Claudias Gesicht wurde kreidebleich. Sie
brachte in diesem Moment kein einziges Wort mehr heraus. Alice
drängte nun auf eine Antwort.
»Was ist mit dir, Claudia? So sag doch, was ist
geschehen?«, fragte Alice bedrückt.
»Sheila ist dort nie angekommen. Sie war nicht in
der Bibliothek.«, sagte Claudia fast flüsternd und völlig
am Boden zerstört.
»Vielleicht haben sie Sheila überhaupt nicht
bemerkt und sie befindet sich geradewegs hierher? Sagte Alice mit
zitternder Stimme.
»Nein, das ist es nicht. Die Dame an der Anmeldung
sagte, dass wegen Umbau die Bibliothek seit drei Tagen geschlossen ist
und sie nur wegen der Inventur und zur Überwachung der
schriftlichen Güter an der Rezeption sei.«, sagte Claudia
mit Tränen in den Augen. Sie wusste nur zu gut, dass Sheila ein
Familienmitglied einer der reichsten und zudem einflussreichsten
Familien in Deutschland ist. Sie befürchtete das Schlimmste. In
ihr gedieh sofort der Gedanke an eine Entführung.
»Was mache ich denn nun. Die Polizei wird mich
doch niemals ernst nehmen, wenn ich nach nur drei Stunden, wo nun
Sheila verschwunden ist, anrufen würde. Claudia dachte
angestrengt nach. Dann ein Grundgedanke.
»Janine, du gehst sofort auf den Privatparkplatz
von Sheila und siehst nach, ob ihr Auto noch am Parkplatz steht.
Sheila hatte mir so ganz nebenbei gesagt, das sie heute ausnahmsweise
mit dem Auto zur Bibliothek fahren wollte. Und beeile dich bitte.«,
forderte Claudia.
Schweigendes und banges Warten folgte nun. Nach einer
kleinen Weile kam Janine etwas außer Atem wieder und erstattete
ihr umgehend Bericht, dass das Auto von Sheila noch auf dem
Privatparkplatz stünde. Als sie das hörte, musste sie sich
erst einmal wieder hinsetzen.
»Es könnte aber auch sein, dass sie
vielleicht auf die Idee kam, zu diesem Johnny zu fahren.«,
deutete Alice.
»Wie bitte, was weißt denn du von diesem Johnny?«,
fragte und staunte Claudia nicht schlecht, dass jetzt auch noch die
Dienstmädchen von Sheilas neuer großen Liebe Bescheid
wussten.
»Das hat mir Sheila, oh Verzeihung, das hat mir
Fräulein Sheila erzählt, als ich ihr den Kaffee
servierte.«, sagte Alice ganz verlegen.
»So, hat sie das, ja? Nein, dieser Johnny wohnt in
Nürnberg, das sind in etwa zwei Stunden Fahrt mit dem Auto. Das
Auto steht aber auf seinem Platz, also müsste Sheila folglich
mit dem Zug gefahren sein und damit bräuchte sie zirka drei
Stunden bis Nürnberg. Das würde viel zu viel Zeit in
Anspruch nehmen. Außerdem hätte sie mich zumindest
angerufen, wenn sie das vorgehabt hätte. Wenn Sheila sagt, dass
sie in ein bis zwei Stunden wieder hier ist, dann wäre sie auch
nach Hause gekommen. Sie ist es aber nicht. Irgendetwas ist
geschehen.«, schlussfolgerte Claudia völlig fertig.
»Ja aber, Verliebte tun doch manches Mal absurde,
ja, ganz verrückte Sachen. Ich meine, dass solch ein Verhalten
zwischen zwei Verliebten eigentlich ganz normal ist. Oder etwa
nicht?«, entgegnete nun Sabine Eisner. Sie war ein weiteres
Dienstmädchen und seit sechs Jahren bei der Familie Roiger
angestellt. Auch sie kannte Sheila von ihren Besuchen im Hause der
Roigers ganz gut.
»Gewiss, wenn man dies berücksichtigt, kannst
du vielleicht sogar ausnahmsweise mal Recht behalten. Stella, du gehst
auf Sheilas Zimmer hoch und öffnest ihr Nachtkästchen, dort
findest du ein Adressbuch, nimm es heraus und bringe es mir. Dort
schreibt sie alle ihre Adressen und Telefonnummern von Freunden und
Bekannten auf. Darin ist mein Liebes sehr penibel. Ich hoffe, dass
sich die Telefonnummer von diesem Johnny auch darin befindet. Beeile
dich bitte.«, forderte Claudia im festem Ton.
So schnell Stella nur konnte, rannte sie los. Nach einer
gewissen Zeit war sie wieder zurück und überreichte Claudia
das besagte Adressbuch. Und tatsächlich, es stand Johnnys
Adresse und die dazugehörige Telefonnummer darin. Claudia begann
auf ihrem Handy, Johnnys Telefonnummer anzuwählen und wartete
gespannt.
*
Johnny saß noch an seinem Roman, Krieg und
Frieden, als plötzlich das Telefon klingelte.
»Ja, Johnny Meinert am Apparat?«, sagte er
in höflicher Stimme und wartete auf Antwort.
»Ja, guten Tag Herr Meinert. Hier spricht die
Haushälterin und Oberaufsicht Claudia Bogner aus dem Hause der
Familie Roiger. Ich denke, dass Ihnen der Name Roiger etwas sagt?«,
fragte Claudia vorerst nach.
»Ja aber nur in Verbindung mit Sheila Roiger.
Sheila hat mir sehr viel Gutes über Sie erzählt Frau
Bogner. Sie sind jenige welche, die meine liebe Sheila in ihrer
Erziehung tatkräftig unterstützt hatte. Aber, verzeihen Sie
mir, ich plappere mal wieder zu viel. Wie geht es Sheila?«,
fragte Johnny aufgeregt, wobei er sich aber wunderte, dass sich Sheila
nicht selbst am Apparat befand.
»Du meine Güte, Herr Meinert, ich dachte, dass
Sheila vielleicht bei Ihnen sei. Sie müssen wissen, dass sie
heute zur Stadtbibliothek wollte und dort überhaupt nicht ankam.
Ich habe da angerufen und mir wurde versichert, dass dort seit drei
Tagen ein Umbau stattfindet und deshalb geschlossen sei. Im Übrigen,
das Auto, mit dem sie heute Fahren wollte, steht auch noch auf ihrem
Parkplatz. Ich weiß jetzt gar nicht, was ich machen soll. Ich meine,
es wird doch meiner lieben Sheila nichts geschehen sein?«,
berichtete Claudia nun weinend.
»Aber so beruhigen sie sich doch, Frau Bogner. Ich
hoffe auch, dass mit Sheila alles in Ordnung ist. Wie viele Stunden
ist denn Sheila nun aus dem Hause?«, fragte Johnny mit einem
Angstgefühl in der Bauchgegend. Nun verstand er, woher dieses
ungute Gefühl in ihm kam. Er wusste, er spürte instinktiv,
dass mit Sheila etwas Fürchterliches geschehen sein musste. Doch
Claudia konnte er seinen Verdacht nicht äußern.
»Es sind mittlerweile zirka drei Stunden. Sie
müssen wissen, Herr Meinert, wenn die Bibliothek offen hätte,
und sie würde länger als vereinbart bleiben, dann hätte
sie mich längst von der Bibliothek aus angerufen, wie sie es
auch sonst immer tat. Sie ist aber geschlossen und sie wollte in ein
bis zwei Stunden wieder zurück sein. Sie verstehen mich doch,
dass da etwas nicht stimmen kann. Noch erschwerend kommt hinzu, dass
Sheila mich diesbezüglich niemals anschwindeln würde.
Sheila weiß doch ganz genau, welche Sorgen sie mir bereiten würde,
wenn sie einfach so mir nichts, dir nichts wegbliebe. Das würde
sie mir niemals antun. Das können sie mir ruhig glauben, Herr
Meinert.«, berichtete Claudia völlig mit den Nerven
herunter.
»Ja, Frau Bogner. Da gebe ich ihnen Recht. Da kann
etwas nicht stimmen. Sie müssen unbedingt die Polizei
einschalten. Auch wenn Sheila für die Polizei, in
Anführungsstrichen, erst zwei oder drei Stunden verschwunden ist.
Sie werden eine Ausnahme machen müssen. Sheila gehört zu
den besten gesellschaftlichen Kreisen und ist folglich als Person
gefährdeter als der Normalbürger. Alleine deswegen steht
ihr eine gewisse Vormachtstellung gegenüber der Polizei zu. Und
wenn die Zicken machen, dann drohen sie mit ihren Eltern und dem
Bürgermeister der Stadt Stuttgart. Und betonen sie ruhig, dass
er ein guter Freund der Familie ist. Und vergessen sie bitte nicht,
Herrn und Frau Roiger unbedingt Bescheid zu geben. Das ist sehr
wichtig, da sie die besten Verbindungen in den Hohen Kreisen haben.
Noch etwas, Frau Bogner, ihre Herrschaften sollten sich auch nach
diesem Karl erkundigen. Sheila hatte mir gesagt, dass dieser Mistkerl
sie oft schlug und zudem oft gedroht hatte, ihr etwas anzutun, sollte
sie ihn jemals verlassen wollen. Also, ich kann im Moment gesetzlich
nichts tun. Ich bin weder mit Sheila verwandt noch verheiratet. Mir
würde die Polizei nicht einmal zuhören, geschweige denn,
irgendeine Auskunft erteilen. Ich bleibe vorläufig noch zu Hause,
falls sie mich doch noch anrufen sollte. Sie hat ja meine
Telefonnummer. Sollte sich Sheila bei mir melden, rufe ich sie sofort
an, das verspreche ich Ihnen, Frau Bogner.«, versprach Johnny
dem Weinen nahe.
»Ich bedanke mich, Herr Meinert. Ich werde Sie auch
sofort anrufen, sobald ich von meiner Sheila gehört habe,
versprochen. Also, dann hoffentlich auf bald.«, sagte Claudia
und beendete das Handygespräch.
Sofort wählte Claudia auf ihrem Handy die Nummer
für Notfälle, die sie eigens von der Hausherrin bekommen
hatte und berichtete über das Geschehene. Und nach diesem
Gespräch:
»Herr und Frau Roiger rufen sofort den
Bürgermeister und dieser die Polizei an. Die Herrschaften selbst
sind schon auf dem Weg hierher. Dieser Johnny scheint mir ein ganz
aufmerksamer junger Mann zu sein. Er erwähnte insbesondere Karl
Schmidt.«, sagte Claudia während sie intensiv darüber
nachzugrübeln begann.
»Ja, der Karl Schmidt könnte sie doch
entführt haben, oder etwa nicht. Fräulein Sheila hat mal zu
mir gesagt, dass sie Angst vor ihm hat und dass er unberechenbar
gegenüber ihr sei.«, sagte Alice zu Claudia.
»Da könnte schon etwas dran sein. Aber woher
sollte er denn wissen, dass sie zur Bibliothek wollte?«, fragte
sich Claudia.
»Das brauchte er doch gar nicht zu wissen. Wenn
Karl Schmidt extra aus Frankreich hierher nach Deutschland käme,
wäre er sicherlich vorbereitet und hat folglich viel Zeit
mitgebracht. Er wusste auch, dass sie hierher zu ihrem Elternhaus
flüchtete, das hat sie doch schon immer getan.«, sagte
Alice fest überzeugt.
»Das würde genau ins Bild passen. Das einzige,
was er mitbringen musste, war Geduld. Er brauchte sie dann nur noch
abzupassen. Vor dem Haus aufzulauern, um sie dann zu entführen.
Wenn er meine Sheila entführt haben sollte, hat er ihr
sicherlich mit einem Auto aufgelauert und gewaltsam entführt.«,
schlussfolgerte Claudia.
Einen Moment mal, da Karl vierzehn Jahre lang ihr
Lebenspartner war, müsste doch auch seine Telefonnummer in ihrem
Adressbuch stehen?«, sagte Claudia und blätterte nach. Und
siehe da, er war zwar durchstrichen, stand aber tatsächlich
darin. Sofort wählte sie die besagte Nummer an. Nur der
Anrufbeantworter meldete sich.
»Dachte ich es mir doch. Daran hatte er also auch
gedacht. Trotz alledem, vielleicht irren wir uns ja und er ist
unschuldig. Ach, ich weiß auch nicht, wir müssen erst einmal auf
die Herrschaften warten. Sie müssten ja auch jeden Moment nach
Hause kommen. Oh meine liebe Sheila, hoffentlich ist dir nichts
geschehen.«, jammerte Claudia vor Sorge unentwegt.
Also, meine Lieben, geht nun wieder an eure Arbeit. Und
wenn die Herrschaften hier eintreffen, stellt um Gottes Willen
keinerlei dumme Fragen. Das heißt im Klartext, für euch
ändert sich nichts. Ihr tut eure Arbeit wie sonst auch. Brüllte
Claudia durch den Aufenthaltsraum.
Wenn alle nur wüssten, wie Recht sie doch mit ihrer
Vermutung, was Karl betrifft, hatten. So blieb ihnen vorerst nur das
Bange warten.
*
Zur gleichen Zeit:
Sheila lag noch immer gefesselt und zusammengekrümmt
im Kofferraum des Wagens von Karl. Furchtbare Angst begleitete sie
während der Fahrt.
»Verdammt, ich werde dieses Miststück
umbringen. Sie wagt es wirklich, mich zu verlassen. Mich, der ich
alles für sie getan habe. Da steckt bestimmt ein Anderer
dahinter. Ich werde sie ausquetschen wie eine Zitrone. Sie wird mir
schon sagen, wer ihr neuer Lover ist. Ich werde ihn töten. Aber
vorerst werde ich ihn in ganz kleine Stückchen schneiden. Alles
hat sie kaputtgemacht, mein Leben, ihr Leben, unser Leben. Aber das
werde ich nicht zulassen, niemals. Und wenn ich dabei draufgehen
sollte. Verdammt, muss eine ruhigere Gegend finden. Muss von der
Landstraße herunter. Wie ich diese Snobs von Familie Roiger
kenne, machen sie mit ihrem Reichtum und Beziehungen bestimmt schon
ihren Einfluss geltend.«, sagte Karl laut und völlig von
Sinnen im Selbstgespräch.
Karl war fest entschlossen, dieses Kapitel seines Lebens
abzuschließen. Er hatte nach seiner Meinung nichts mehr zu
verlieren und genau davor hatte Sheila panische Angst. Das machte ihn
ja so gefährlich, so unberechenbar. Er konnte den Gedanken nicht
ertragen, dass Sheila nichts mehr von ihm wissen wollte. Und noch viel
mehr, dass ein anderer als er selbst, sie in ihren intimsten
Umarmungen berühren könnte. Schon der Gedanke daran machte
ihn wahnsinnig. Viele male floh Sheila von ihm, aus Frankreich, der
Stadt Paris nach Deutschland, in die Stadt Stuttgart, in das Haus
ihrer Eltern. Und er konnte sich stets darauf verlassen, dass, wenn
Sheila ein oder zwei Wochen bei ihren Eltern lebte, sie sich wieder
beruhigte und zu ihm zurückkehrte. Dass es ihr aber diesmal
bitterer Ernst war, bemerkte Karl anhand eines fehlenden Briefes.
Jedes Mal, und das noch bevor Sheila von ihm ging, schrieb sie ihm
einen Brief, worin stand, dass er ihr doch bitte etwas Zeit zum
Nachdenken geben sollte und dass sie sich zu gegebener Zeit bei ihm
wieder melden würde. Und genau da machte Sheila den
entscheidenden Fehler. Sie hätte sich genauso wie sonst auch,
als sie von ihm ging, verhalten und diesen Brief hinterlassen sollen.
So wäre ihr ein paar Wochen mehr Zeit zum Handeln geblieben.
Alles Nachdenken half ihr nun in dieser Situation nichts, das wusste
sie auch. Mit einem Male wurde die Fahrt holpriger und Sheila fuhr
es in diesem Moment eiskalt den Rücken herunter. Nur allzu gut
wusste sie, was dies bedeutete.
Oh Gott, er hat die Straße verlassen. Er ist jetzt
bestimmt in einen Wald oder in einen Feldweg eingebogen, dachte sie
sich mit Entsetzen. Sie weinte, sie schrie, was ihr kleiner Körper
nur hergeben konnte. Doch der Schrei endete unverhallt, wegen des
Klebebandes, das ihren Mund versperrte. Ihre Arme und Hände, die
durch das Klebeband auf ihrem Rücken fixiert wurden, schmerzten
immer mehr und ließen sie zudem auch noch anschwellen. Mit
aller Kraft, mit dem Mut der Verzweiflung, im Gedanken an Gott und
Johnny, geschah, was eigentlich gar nicht möglich war. Das
Klebeband dehnte sich plötzlich. Nicht nachlassen, jetzt nicht
nachlassen, dachte sich Sheila und legte ihre gesamte Kraft auf nur
diesen einzigen Punkt. Immer weiter dehnte sich diese verhasste
Geißel, die ihr, je mehr sie daran zog, unsagbare Schmerzen bereitete,
bis es schließlich nachgab und riss.
Vor Glück, dass sie sogar für diesen kurzen
Moment vergaß in welcher Situation sie sich befand, rannen
Freudentränen von ihren Wangen herunter. Ja, nun hatte sie eine
gewisse Chance, sich gegen ihren Peiniger zu wehren. Jetzt sah für
sie die gesamte Situation ganz anders aus. Eilig begann sie sich,
nachdem sie ja nun ihre Hände frei hatte, den Mund frei zu
machen. Anschließend tastete sie sich zu ihren Füßen
heran. Sie zog zudem ihre Füße so nah wir nur irgend
möglich an ihren Oberkörper heran. Der enge Kofferraum ließ
ihr nicht sehr viel freien Spielraum. Sie umfasste und tastete das
umwickelte Klebeband an ihren Füßen ab, um das Ende, den
Riss zu fühlen. Schnell fand sie das Ende und begann, es von
ihren Füßen abzuwickeln. Nach kurzer Zeit war es endlich
geschafft. Sie hatte sich an Händen, Mund und Füßen
befreit.
Denk nach Sheila, denke nach, dachte sie sich noch
insgeheim.
Die Fahrt wurde immer holpriger und was das wiederum zu
bedeuten hatte, wusste sie natürlich auch. Er wird immer tiefer
in eine Gegend fahren und mit Sicherheit sein Ziel bald erreicht
haben. Angestrengt dachte sie nach. Dann, wie aus heiterem Himmel
fiel ihr ein Spielfilm, den sie vor Jahren in einem Kino sah, ein,
wobei ein junger Mann ebenfalls in einem Kofferraum eingesperrt
wurde. Dieser sich aber daraus befreien konnte. Sheila begann hastig,
systematisch den Boden des Kofferraumes abzutasten, um hoffentlich
einen spitzigen Gegenstand zu finden. Doch weit gefehlt. Anscheinend
hat Karl auch an diese Möglichkeit gedacht.
Verdammt noch mal, verdammt, es ist einfach nichts zu
finden. Was mach ich denn nun. Dachte sie sich, während das
Fahrzeug schlagartig zum stehen kam. Ihr blieb nun nichts anderes
übrig, als die einzige Möglichkeiten zu nutzen die ihr
vielleicht noch verblieb. Sie beschloss, sobald Karl den Kofferraum
öffnen würde, ihm so feste wie möglich mit ihren Füßen
ins Gesicht zu treten und dann so schnell wie nur irgend möglich
davonzulaufen. Sheila wusste, wenn es ihr gelänge, dass sie
einen entscheidenden Vorteil gegenüber Karl hatte. Sie betrieb
regelmäßig Sport. Sheila konnte locker 10 Kilometer am
Stück laufen. Und Karl, ja Karl hielt von Sport überhaupt
nichts. Er bekam schon fast einen Herzinfarkt, wenn er nur in einem
Gebäude in den dritten Stock musste.
Am besten ich tu einfach so, als wäre ich noch
gefesselt. Er muss sich folglich zu mir hinunterbeugen und dann trete
ich, so feste wie möglich zu, dachte sie sich völlig
angespannt und lauernd. Sie hatte große Angst.
Dann öffnete sich der Kofferraum. Mit einem Mal
war sie kurz geblendet, und wie sie vermutete, beugte sich Karl,
irgendetwas daherschwafelnd und tief zu ihr in den Kofferraum hinein.
Sie nahm in diesem Moment der Verzweiflung, ihren ganzen Mut
zusammen.
Blitzartig peilte sie mit ihrem linken Fuß sein
unrasiertes Gesicht an. Sie hatte keine Stöckelschuhe an,
dennoch Halbschuhe mit sehr harten und festen Sohlen. Sheila stieß
beide Füße so feste sie nur konnte in sein Gesicht, so
dass er mit einem lauten Schrei nach hinten kippte und zu Boden fiel.
In diesen Augenblick seiner Benommenheit sprang sie flink wie eine
Katze, die die Freiheit suchte, aus dem Kofferraum heraus, über
ihn hinweg. Plötzlich knickte sie mit ihren Füßen ein.
Durch das zu lange gefesselte Liegen im Kofferraum bekam sie einen
Krampf im rechten Bein, wovon sie sich aber schnell wieder zu erholen
begann. In dem Moment, als sie loszulaufen begann, wurde sie mit
einem wuchtigen, schmerzhaften Schlag in der Kreuzgegend
niedergestreckt. Da lag sie nun nach Luft ringend auf dem Rücken
am Boden. Die Sonne am Firmament strahlte ihr schneidend und blendend
ins Gesicht, so dass sie nicht viel erkennen konnte. Plötzlich
tauchte in der Korona der Sonne Karls Gesicht auf. Ein höhnisches
Lächeln begleitete sein Vorhaben. Mit einem Ruck schnappte er
sich Sheilas Füße und begann, sie hinter sich
herzuschleifen. Spitzige Steine, Gesträuch und allerlei Geröll
schliffen an ihrem Körper, so dass sie vor Schmerzen aufschrie.
»Ja, schrei du nur. Ich werde es dir schon zeigen,
du verdammte Hure. Ich werde dich in einem Packet zu deinen
beschissenen Eltern nach Hause schicken.«, Brüllte er wie
ein wahnsinnig gewordener.
Während Karl sie immer weiter von dem Auto in
Richtung eines kleinen Wäldchens, das sich ungefähr zwanzig
Meter von ihnen entfernt befand, schleifte, sah sich Sheila nach allen
Seiten um. Und was sie zu sehen bekam, bereitete ihr schreckliche
Angst. Kein Haus, kein Weg, nichts, das Hoffnung in ihr aufleben
ließe, war zu entdecken.
Oh mein Gott, eine beschissen verlassene Gegend. Muss
versuchen, ihm gut zuzureden. Unter großen Schmerzen begann sie,
Karl zuzureden.
»Karl, bitte nicht. Was hast du vor. Ich wollte
dich doch nicht verlassen. Karl, so hör doch.«, sagte sie
weinend.
»Du Hure. Du wolltest mich nicht verlassen, sagst
du. Das wüsste ich aber. Denkst du wirklich, dass ich so dumm bin,
um dir das zu glauben? Da hast du dich aber geirrt.«, gab er
zur Antwort, während seine krankhafte Eifersucht sich auszuarten
begann.
Dann blieb er plötzlich, noch ihre Beine in seinen
Händen fest umklammert, stehen. Er beugte sich zu ihr herunter
und nahm aus seiner rechten Jackentasche eine Rolle Klebeband heraus.
Sie wusste, was er erneut vorhatte. Und sie war sich sicher, wenn es
ihm ein zweites Mal gelänge, sie damit zu fesseln, würde
sie ihm endgültig ausgeliefert sein. Sie wäre verloren
gewesen. Denn kräftemäßig war er ihr haushoch
überlegen.
Während er dies tat, bot sich Sheila eine weitere
Chance an. Mit geballter Faust holte sie zu einem Schlag mitten auf
sein Kinn aus und traf mit voller Wucht. Daraufhin fiel er ein
weiteres Mal und das seitwärts nach links in ein Geflecht von
Brombeersträuchern, das wie bekannt mit zahlreichen Dornen
versehen ist, hinein. Sheila betete inständig, dass er nicht
wieder aufstehen würde. Und sie staunte nicht schlecht, als Karl
in diesen Brombeersträuchern regungslos liegen blieb. Sofort
erkannte sie ihre weitere Chance und rannte los. Ihr war klar, dass
er nicht für sehr lange bewusstlos bliebe. Also sah sie ihre
Chance darin, dass sie so schnell wie irgend möglich tief in
den Wald hinein musste, um sich dort zu verstecken. Auf dem offenen
Feld, wo das Auto stand, befürchtete sie viel zu schnell von ihm
entdeckt zu werden. Sie rannte, wie sie noch nie in ihrem Leben lief.
Sie sah sich nicht um. Stechende Schmerzen spürte sie in der
Rückengegend und das Atmen fiel ihr Schwer. Doch sie schonte
sich nicht und rannte weiter, immer weiter und tiefer in den für
sie fremden Wald hinein. Völlig außer Puste, am Ende mit
ihren Kräften, fiel sie in eine bemooste Vertiefung hinein. Auf
dem Bauch liegend verharrte sie bewegungslos und still. Noch wagte
sie nicht, ihren Kopf zu heben, um nach ihrem Peiniger Karl Ausschau
zu halten. Die Angst, entdeckt zu werden, war noch zu groß. Nach
einer kleinen Weile, Sheila wagte es kaum zu atmen, geschweige denn
sich zu bewegen, hörte die das Knacken und Rascheln von
Sträuchern und Ästen. Sie bekam Todesangst, als sie hörte,
dass diese Geräusche immer näher in ihre Richtung kamen.
Hoffentlich habe ich keinen Fehler begangen, indem ich in den Wald
lief, dachte sie und machte sich nun Selbstvorwürfe.
Wäre ich doch lieber weitergerannt. Noch tiefer in
den Wald. Hoffentlich entdeckt er mich nicht. Muss, mich ganz ruhig
verhalten. Darf jetzt nicht loslaufen, dachte sich Sheila.
Karl hatte sich natürlich nach kürzester Zeit
von dem Faustschlag von Sheila wieder erholt. Nun irrte er, noch etwas
wackelig und benommen auf den Beinen, unbewusst genau auf Sheila zu.
»Na warte nur, wenn ich dich erwische. Dann Gnade
dir Gott.«, schrie er in den Wald hinein, wo sein Schrei wie in
einem Echo wiederhallte.
Dann blieb er stehen und tat genau das was Sheila tat,
nämlich sich ruhig zu verhalten. Er stand einfach nur da und
harrte der Dinge.
Sheila bemerkte, dass es zu ruhig wurde. Sie konnte nur
noch das leise Rauschen vom Winde, der durch die Baumwipfel strich
und sein Lied zu singen schien, hören.
Sie spürte, dass er ganz in der Nähe auf sie
lauerte. Jetzt durfte sie sich keinen einzigen Fehler erlauben. Sich
nicht bewegen und einfach liegenbleiben. Nicht zu laut atmen und
nicht den Kopf heben, um zu sehen, wo genau er sich befand. Karl
stand noch immer regungslos da, in der Hoffnung, Sheila würde
sich durch irgendeine Bewegung verraten. Was für Sheila sprach
und ihr zum Vorteil gereichte, war die Tatsache, dass er nicht im
Entferntesten die nötige Geduld aufwies wie sie.
Verdammt noch mal, vielleicht ist dieses Miststück
ja schon längst über alle Berge. Wenn ich doch nur wüsste,
wie lange ich bewusstlos war. Unglaublich, von einer Frau außer
Gefecht gesetzt zu werden. Wenn ich dieses Weibstück in die
Finger kriege, dann wird ihr kein Wunder oder gar Gott mehr helfen
können. Keiner wird sie bekommen. Dachte er sich.
Ihm reichte es, er gab sein Versteckspiel auf und
beschloss, noch einige hundert Meter weiter in den Wald zu gehen.
Gesagt und auch getan. So lief er los unter ständigem Schimpfen
und Fluchen. Was Sheilas Vermutung wahr werden ließ. Sie konnte
ihn nun ganz deutlich hören. Angst ergriff sie, denn es schien
tatsächlich so, als käme er direkt auf sie zu. Sie hatte
nur noch zwei Möglichkeiten. Zum ersten, sie setzt alles auf
eine Karte und versucht, durch schnelles und konstantes Laufen ihm zu
entkommen und zum zweiten, sie bleibt einfach liegen und hofft, dass er
sie übersehen würde.
Soll ich doch mal nachsehen, wo genau er ist? Aber was
ist, wenn er schon ganz nah ist und ich keine Zeit mehr habe,
davonzulaufen? Oh Gott, hilf mir doch, dachte sie sich noch, und im nächsten
Augenblick geschah, wovor Sheila die ganze Zeit Angst hatte.
Sheila überfiel der pure Angstschweiß, als
sie ihn förmlich über ihr spüren konnte. Er hatte sie
schließlich doch entdeckt und sprang ihr auf den Rücken.
Im Bruchteil einer Sekunde sah sie ihr Leben vorbeirauschen. Viel zu
lange hatte sie gewartet, sie wusste in diesem Moment, dass sie hätte
von Anfang an weiterlaufen sollen. Er hätte sie niemals mehr
finden können. Doch all diese Verzweiflungsgedanken kamen nun
für sie zu spät.
Jetzt, so dachte sie, werde ich wohl sterben müssen.
Und wiederum dachte sie an Johnny, an Claudia und ihre Eltern. Sie
wehrte sich nicht mehr. Er drehte sie auf die andere Seite, so dass
sie auf dem Rücken lag und gezwungen war, ihm ins Gesicht zu
sehen. Schwer saß er nun auf ihrem Bauch. Hassverzerrt und
voller Schmutz war sein schweißgebadetes Gesicht. Schweiß,
der ihm von seinem Gesicht perlte, tröpfelte auf ihre nun
kreidebleichen Wangen.
»Na, wen haben wir denn da. Hast du wirklich
geglaubt, du könntest mir entkommen? Ich werde dich lehren, mich
verlassen zu wollen. Nach allem was ich für dich getan habe.
Hast du jemals einen Gedanken daran verschwendet, was du mir damit
antust? Ja, hast du das? Du Hure, du bist Dreck, nichts als Dreck.
Ihr Weiber seid alle gleich. Man sollte euch schon bei Geburt an die
Wand werfen.«, schrie er sie wie wahnsinnig geworden an.
»Karl, bitte, wir können doch über alles
reden. Ich wollte dich doch nicht verlassen. Bitte, so glaube mir
doch.«, sagte sie weinend zu ihm. Es war das einzig Richtige,
was ihr in dieser Situation noch übrig blieb, nämlich, ihm
gut zuzureden. Ihm das zu sagen, was er gerne hören wollte.
Alles zu versuchen, ihn zu beruhigen. Auch wenn alles eine Lüge
war.
»So, du wolltest mich nicht verlassen. Wer es
glaubt wird selig. Weißt du was, ich habe nichts mehr zu verlieren.
Ohne dich kann ich einfach nicht sein und ein anderer soll dich auch
nicht bekommen.«, sagte er nun ganz leise.
»Karl, ich liebe dich doch.«, sagte sie und
spürte, dass sie damit zu weit gegangen ist.
»Was sagst du da? Du liebst mich, ja? Ist dir denn
überhaupt nichts mehr heilig?«, sagte er und blickte ihr
in die Augen. Als sich schließlich ihre Blicke trafen, konnte
sie kein Mitleid in seinen Augen erkennen. Sie waren leer und starr.
Ihm war der Wahn im Gesicht abzulesen. Als würde er durch sie
hindurch sehen, als würde er etwas anderes als sie erkennen. Ja,
als würde er nur noch seine eigene Welt in seinen
Wahnvorstellungen erleben. Von da an war ihr klar, dass er sie töten
würde, wie auch immer. Er fluchte weiter, während er zu
ihrer Ohnmacht begann, sie zu entkleiden. Er zog ihr alles aus, was
sie anhatte. Sie ließ es geschehen. Sie wehrte sich nicht. Nicht
mehr. Verkrampft schloss sie ihre Augen.
Dann öffnete er seine Hose und zog sie mit seiner
Unterhose herunter. Er legte sich auf sie und drang mit einer solchen
Gewalt in sie ein, dass sie sich vor Schmerzen auf die Lippen biss,
bis diese zu bluten anfingen. Immer und immer wieder drang er in sie
ein. Wie in einem Echo vernahm sie das Keuchen ihres Peinigers. Sie
wollte nicht schreien, ihm nicht diese Genugtuung geben. Sie dachte,
wenn sie schon sterben musste, dann wie ein Mensch und nicht wie ein
sich windendes Tier, das mit dem Tod, mit dem letzten Atem noch
nach dem Leben jauchzte. Sie fühlte und sie wusste, dass er sie
quälen wollte, also ließ sie ihn Gewähren. Die
Schmerzen, die er ihr körperlich und seelisch zufügte,
währten ewig.
Nicht schreien, gönne ihm diese Genugtuung nicht.«,
dachte sie sich und biss noch fester auf ihre Lippen. Und als sie an
Johnny, an ihre große Liebe denken musste, wurde sie
plötzlich ganz ruhig und ein seelischer Frieden begann durch
ihren geschändeten und gequälten Körper zu fließen.
»Das ist es, was ihr Weibsbilder doch braucht. Na,
spürst du mich. Ich werde dich ordentlich durchficken. Ja, genau
wie du es gerne hast.«, sagte er im Stöhnen und Keuchen.
Als er schließlich seine Gier nach Macht und Sex
gestillt hatte, zog er sich die Unterwäsche und seine Hose
wieder hoch. Sheila dachte, dass es endlich vorbei war, da packte er
sie und drehte sie auf den Bauch. Anschließend setzte er sich
auf ihren Rücken und begann, mit etwas zu hantieren. Ihre Angst
kam mit aller Kraft wieder zurück. Sie konnte das Weinen nicht
mehr verdrücken. Noch nie in ihrem gesamten Leben hatte sie
soviel Angst vor der Endgültigkeit, wie in diesen Augenblick.
Sie dachte in diesem Moment, dass er ihr vielleicht ein Messer in den
Rücken stoßen würde oder dass er sie nun von hinten
Erwürgen würde. Doch weit gefehlt. Er beugte sich etwas
nach vorne und begann erneut, ihre Hände mit einem Klebeband zu
fesseln. Vermutlich wollte er verhindern, dass sie sich mit dem, was er
noch vorhatte, wehren konnte. Er ging von ihrem Rücken herunter
und ließ sie in dieser Pose kurz liegen. Aus einem kleinen
Blickwinkel konnte sie etwas nach hinten sehen. Jedenfalls musste er
hinter ihr und zu ihren Füßen knien. Mit einem festen Griff
spreizte er nun ihre Beine und kniete sich dazwischen. Plötzlich
spürte sie ungeheure Schmerzen. Sie schrie nicht laut, sie
schrie innerlich und starb dabei tausend Tode. Mit einem Seilstück
begann er, ihren Rücken und ihr Gesäß auszupeitschen.
Sie spürte, wie dieser Strick in ihr blankes Fleisch schnitt und
ihre zarte Haut zum platzen brachte. Sie spürte, wie das warme
Blut von ihrem Rücken zur Seite herunter lief und sie fühlte
auch das Blut, das von ihren aufgebissenen Lippen an ihrem Kinn
herunter tropfte. Immer fester, wie ein Besessener schlug er zu. Es
dauerte und dauerte und wollte nicht enden. Doch sie schrie nicht,
obwohl die Schmerzen immer unerträglicher wurden. Dann aber
hörte er auf und ließ von ihr ab. Er stand auf. Dann ging er zu
ihrer linken Seite und beugte sich zu ihr. Drehte sie wieder um, so
dass sie wieder auf dem Rücken lag. Der Dreck und Staub, zudem
allerlei Gesträuch, das auf dem Waldboden herumlag, bereiteten
auf ihrem wund und blutigen Rücken noch mehr Schmerzen. So
kniete er sich hin und sah ihr ins Gesicht. Sie sah ihn an und sah in
ein höhnisches, lächelndes und zufriedenes Gesicht. Im
nächsten Augenblick begann er, ihre Kleider, die er ihr
ausgezogen hatte, zu sammeln und zu einem Knäuel zusammen zu
bündeln. Dann begann er, ein Loch zu Graben. Sie konnte zusehen,
da er das Loch genau vor ihrem Gesicht grub.
Er will meine Kleider vergraben. Stellte sie entsetzt fest.
Sie glaubte zu wissen, was er danach vorhatte.
Sicherlich wird er sie töten und auch vergraben.
Wenig später hatte er ihre Kleidung vergraben. Dann
stand er auf, beugte sich nach ihr und schleppte sie an den Händen
tiefer in den Wald hinein. Er schleifte sie, so nackt und wund wie sie
war, durch das Unterholz des Waldes. Durch das trockene Dickicht und
allerlei scharfen und spitzigen Unebenheiten des Waldbodens wurde
ihr nackter Körper noch zusätzlich mit Schnitten und
Abschürfungswunden übersät. Es kam ihr so vor, als
wäre der Wald auf der Seite ihres Peinigers, als wäre er
mit Karl ein Bündnis eingegangen. Sheila war nun vor Schmerzen
fast der Ohnmacht nahe, als er plötzlich zwischen mehreren
Birkenbäumen stehen blieb. Nun war es wohl soweit. Er hatte
seinen Schandfleck, den Standort gefunden, wonach er suchte. Sheila
war nun zu allem bereit, sie wünschte sich nur das Ende herbei.
Sie konnte diese Schmerzen nicht länger ertragen.
Worauf wartest du noch, du Bestie. Bring es endlich
hinter dich und töte mich. Dachte sie und weinte jämmerlich.
Ein Tier hätte den Gnadenstoß bekommen, doch er stand
lächelnd mit hasserfülltem Blick über ihr und schien
ihre aussichtslose Lage noch zu genießen. Und mit weicher und
sanfter Stimme sagte er zu ihr:
»Du denkst, dass ich dich nun töten werde? Oh
nein, meine große Liebe. Ich werde dich nicht töten, das
überlasse ich der guten alten Mutter Natur.«, sagte er
höhnisch mit einem endgültigen Ausdruck in seinem von
Schmutz und Schweiß verzehrten Gesicht, das sie das erste Mal
nicht wiedererkennen konnte. Das war nicht der Mann, den sie einmal
geliebt hatte. Nichts glich ihm, nicht einmal seine Stimme war die
selbige. Sie begriff, dass er vom Wahnsinn befallen war. Sie begriff,
dass er sie hier in diesem gottverlassenen Wald nackt, verletzt
zurücklassen wird und dass sie hier ihr Grab finden würde.
Er begann, sie wieder an den Händen zerrend, zu einem
der zu hundertfach stehenden Birkenbäume zu Schleppen.
Dann setzte er sie aufrecht sitzend an einen der Birkenbäume. Er
löste das Klebeband von ihren Händen und band ihre Hände
hinter dem ungefähr dreißig Zentimeter kräftigen
Birkenstamm fest. Dann zog er das Seilstück, mit dem er ihr den
Rücken und das Gesäß auspeitschte, aus seiner
Jackentasche heraus und umwickelte es um ihren Bauch und um den
Birkenstamm herum und verknotete es. Anschließend begann er, mit
dem Rest des Klebebandes, das sich noch auf der Filzrolle befand, ihre
Füße zu Fesseln. Zudem holte er sein seidenes Halstuch,
das sie ihm vor Jahren zum Geburtstag gekauft hatte, aus seiner linken
Hosentasche heraus, um ihr den Mund zu knebeln. Noch bevor er damit
ansetzen wollte, startete Sheila einen letzten Versuch, ihn doch noch
umzustimmen.
»Karl, bitte nicht, bitte, du willst mich doch nicht
hier verdursten und verhungern lassen. Bitte, du hast mich doch
einmal geliebt. Es kann alles wieder so werden wie vorher. Ich
werde es auch niemandem erzählen. Bitte, ich flehe dich an, Karl.
Tue es nicht, bitte Karl. Karl, bitte nicht.«, schrie sie ihn
vor Verzweiflung an, während er ihre Stimme zum Schweigen
brachte, indem er ihr das Seidentuch auf den Mund presste und hinter
ihrem Kopf fest verknotete. Nun war sie vollkommen wehrlos ihm, der
Natur und dem Wetter ausgesetzt. Sie wusste nur allzu gut, was das
für sie bedeutete.
»Keine Sorge, mein Schatz, ich glaube nicht, dass du
verhungern oder verdursten musst. Weißt du, es wird hier um diese
Jahreszeit nachts sehr kalt werden. Tja, und wenn dich die Kälte
nicht umbringt, dann gibt es hier ja noch etliches Getier, das dich
bestimmt anknabbern wird. Und nicht zu vergessen, diese unzähligen
Insekten die hier herumkriechen. Viele werden erst nachts so richtig
aktiv.«, Spottete er mit einer bestialischen Wonne, die
ihresgleichen suchte.
Sheila versuchte, ihm etwas zu sagen, doch das seidene
Tuch verhinderte dies.
»Ach, hätte ich beinahe vergessen. Vielleicht
komme ich ja in den nächsten Tagen wieder, nur um zu sehen, wie
es dir geht. Weißt du, ich möchte mich natürlich nach deinem
werten Befinden erkundigen. Wäre doch echt schade, wenn dein
stinkender Leichnam am Ende doch noch gefunden würde und du auch
noch ein schönes Begräbnis bekämst. Sobald du krepiert
bist, ich hoffe dass es sehr lange dauern wird, werde ich den Rest
von dir mindestens drei Meter tief vergraben. Ich sorge dafür,
dass dich deine Eltern niemals auffinden werden. Sie sollen doch
nicht die Hoffnung verlieren, dass du vielleicht noch am Leben bist.«,
gab er ihr unmissverständlich zu verstehen.
Eine zeitlang stand er nur da und sah ihrem Leiden zu.
Dann beugte er sich zu ihr herunter und gab ihr ganz vorsichtig einen
Kuss auf beide Augen und auf beide Wangen. Was Sheila nicht ahnen
konnte, war, dass Karl niemals vorhatte, an irgendeinem Tag
vorbeizukommen, um nach ihr zu sehen, um zu sehen. Er beabsichtigte, sie hier
einsam und alleine, gefesselt und geknebelt, ja, sie einfach
verdursten und verhungern zu lassen. Er dachte sich, dass er es gar
nicht nötig hatte, sich die Hände schmutzig zu machen. Und
er rechnete sich aus, dass der Rest schon die Tier- und Insektenwelt
erledigen würde. Er hatte eigentlich etwas anderes vor, jedoch
als er bemerkte, wie einfach es ist, einen Menschen spurlos
verschwinden zu lassen, entschied er sich für diese Art, um
Sheila zu töten. Er würde nun einfach wieder nach Paris
fahren und sein neues Leben weiterleben. Wer sollte ihn schon
verdächtigen, dachte er. Denn wo keine Leiche, auch keine
Beweise.
»So, mein Engelchen, ich muss nun gehen. Du hast
mich ganz schön auf Trapp gehalten, weißt du, das macht ziemlich
hungrig. Also, dann wünsche ich dir eine schöne und
geruhsame Nacht, hier in der wunderschönen Natur.«, sagte
er und ging.
Da saß sie nun, völlig nackt und an einen Baumstamm gefesselt.
Sie weinte bitterlich und sie hatte panische Angst vor
der Nacht, die ihr bevorstand. Schon als Kind hatte sie Furcht vor
der Dunkelheit.
Kapitel 15
© 2008 by Peter Althammer
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