Du, mein Licht in dunkler Nacht

Ein Liebesroman von Peter Althammer

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Der Überlebenskampf

Sie schreckte mit ihrem Kopf hoch, da sie vor Erschöpfung eingeschlafen war. Sie zerrte und wandte sich. Sheila musste erst wieder begreifen, dass sie, dass ihr geschundener und gepeinigter Körper, an einen Birkenbaum gefesselt wurde.
Oh, ich muss wohl eingeschlafen sein. In meinem Traum hat mich Johnny gerufen. Ich sehne mich so schrecklich nach ihm, dachte sie sich.
Mit einem Schlag wurde sie in die Realität zurückgeholt. Es trat ein, wovor sie sich am meisten fürchtete. Die Dunkelheit. Die Nacht besiegte den Tag, indem sie einen Schleier aus dunklem Schatten auf die Erde warf. Es war dunkel geworden. Sheila hatte an ihrem ganzen Körper furchtbare Schmerzen. Ihr war kalt, denn sie war ja splitterfasernackt und sie war hungrig und vor allem sehr durstig. Sie fing an zu weinen. Sehr leise, denn er hatte sie ja mit dem Seidentuch geknebelt. Plötzlich ein deutlich hörbares Knacksen eines Astes ganz in ihrer Nähe. Sheila versuchte nun mucksmäuschenstill zu sein. Sie versuchte, keinerlei zu laute Bewegungen zu verursachen. Ihre Augen haben sich mittlerweile an die Dunkelheit gewöhnt und sie konnte durchaus zwischen dunklen und etwas helleren Stellen in dem Wirrwarr an Blätterwerk, das die vielen Sträucher in sich verbargen, unterscheiden. Sie starrte mit weit aufgerissenen Augen in die Richtung vor ihr, aus der das nun verstummte Knacken kam. Eiskalt lief es ihr den Rücken herunter. Aufgehorcht begann sie zu Lauschen. Plötzlich, ein erneutes Geräusch.
Oh mein Gott, was ist das. Es scheint immer näher zu kommen. Da, schon wieder, dachte sie sich, während sie nun eindeutiges Gezappel der Sträucher im Unterholz hören und erkennen konnte, das sich in der so zirka zehn Meter entfernten Tannenbaumgruppe befand. Panische Angst überfiel sie.
Sheila dachte sich, vielleicht ist es ja Karl, der mir Angst machen will. Diese Bestie. Verflucht soll er sein. Ich will nach Hause, ich will zu meiner Claudia.
Sheila war völlig mit den Nerven fertig. Sie konzentrierte sich auf den Bereich, wo sich die Sträucher bewegt hatten und als sie genauer hinsah, konnte sie ein sich bewegendes Etwas erkennen. Es schnaubte und blies immer lauter. Doch als sie ein ganz bestimmtes Grunzen hören konnte, fiel sie fast in Ohnmacht.
Das ist ein Wildschwein. Die sollen doch so gefährlich sein. Wenn es ein Keiler ist, bin ich verloren. Die haben ja riesige Hauer mit denen sie schon Menschen schwer verletzt haben sollen, dachte sie sich.
Sheila wusste noch nicht, dass es ein Muttertier mit ihren Jungen war, die die Erde nach allem, wie Eicheln, Wurzeln, Insekten und vor allem Trüffeln durchwühlten. Die Wildschweinfamilie kam immer näher. Einige Zeit später, Sheila schloss vor Angst die Augen, war sie umringt von der Wildschweinfamilie.
Plötzlich spürte sie ein Zupfen und Schnüffeln an ihren Füßen. Das Muttertier roch und schnupperte an dem Klebeband, das fest um ihre Knöchel gewickelt war. Sie wagte es kaum zu atmen. Dennoch, aus irgend einem Grund, und das war ihr ein Rätsel, wurde sie kaum beachtet. Sie wühlten und schnaubten und stocherten mit ihren breiten Schnauzen um sie herum. Einige der Frischlinge hüpften sogar über ihre nackten Beine. Ja, sie spielten um Sheila herum. Dann, mit einem Male, stand das mächtige Muttertier vor ihr. Sheila sah sie nicht an. Sie selbst konnte durch die Dunkelheit nur Umrisse und leicht trübe das schwarzbraune Fell des Muttertieres erkennen. Aber sie hat mal gehört, dass ein Wildschwein nachts fast genauso gut sehen konnte wie am Tage. Deshalb vermied sie den Augenkontakt mit dem Tier, um es nicht herauszufordern. Immer und immer näher kam das Muttertier an Sheila heran. Bis es dicht an dicht mit ihr auf Augenhöhe stand. Sie wagte nicht, laut zu atmen. Zeitweise hielt sie sogar die Luft an, wenn es so nah an sie herankam, dass sie das Tier sogar riechen konnte. Das Muttertier begann, seine Schnauze an ihrem Gesicht zu reiben. Sheila konnte die rauhe und feuchtwarme Schnauze spüren. Ihr blieb fast das Herz stehen. Zu ihrem Erstaunen ließen die Wildschweine genauso schnell von ihr ab, wie sie Interesse an ihr zeigten. Und Sheila konnte wieder aufatmen.
Oh Gott, das war knapp, dachte sie sich.
Was aber Sheila auch nicht wissen konnte, ist, dass diese Wildschweine vor geraumer Zeit aus einem Gehege, wo sie stetig von Menschenhand gefüttert wurden, ausbrachen und daher Menschen gewohnt waren. Trotz zunehmender Taubheit ihrer Hände, die Karl nach hinten um den Birkenbaum herum gefesselt hatte, schmerzten sie wahnsinnig. In der Schickeria de Provence von Paris, wo sich Reiche Herrschaften eine heile Welt vorspielten und Sheila dieses Spielchen ihnen zu liebe mitspielte, sah ihr keiner an, was sie mit diesem Monster all die Jahre mitmachen musste und dass sie nie die eigene Kraft fand, ihn zu verlassen. Und nun wurde sie wieder gequält und gepeinigt. Sie bat Gott, dass er sie erlösen möge. Sie hier und jetzt Sterben zu lassen. Sie konnte und wollte nicht mehr. Sie wurde müde, das Denken fiel ihr zunehmend schwerer und Sheila nickte ein. Nach nicht einmal einer Minute, erwachte sie wieder und rang durch die Nase in panischer Angst nach Luft. Durch das Seidentuch auf ihrem Mund war es ihr fast nicht möglich, Luft zu atmen.
Oh mein Gott, oh du allmächtiger Gott. Ich träumte dass ich Dich bat, mich sterben zu lassen. Nein, und nochmals nein, sage ich dir. Ich bin noch nicht bereit dazu. Ich bin doch viel zu jung und ich habe doch noch die Hälfte meines gesamten Lebens vor mir. Du bekommst mich nicht. Hörst du meinen Gedanken? Was bist du eigentlich für ein Gott, der so etwas zulässt? Was habe ich dir denn getan? Was habe ich denn verbrochen, dass man mich so quälen darf, dachte sie sich und weinte wieder bitterlich. Mit einem Male kam sie wieder geistig zu sich und begann nachzudenken. Was ist nur mit mir los. Ich muss mich beruhigen, darf mich nicht so aufregen. Muss verhindern, dass ich überreagiere. Muss einen klaren Kopf behalten. Ich muss meine Gedanken neu ordnen und darf mich nicht von negativen Gedanken leiten lassen, sonst bin ich des Todes. Dachte sich Sheila und begann, an etwas Schönes zu denken, um ihre Angst vor der Dunkelheit beiseite zu drängen und auch nicht dem Wahn zu verfallen.



 Kapitel 17
© 2008 by Peter Althammer

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