Die Kleine Eiszeit
Als Ursache der Kleinen Eiszeit vom 16. bis zum 18. Jahrhundert nimmt man neben einer hohen vulkanischen Aktivität eine verringerte Sonnenaktivität an. Die Aktivität der Sonne lässt sich durch den C-14-Gehalt in der Atmosphäre gut zurückverfolgen. So ergeben sich in dieser Zeit das sogen.
Spörer-Minimum und das
Maunder-Minimum. Ab der Industrialisierung im 19. Jahrhundert ist der starke Anstieg des C-14-Gehalts auf die vermehrte Verbrennung fossiler Energieträger zurückzuführen, deshalb kann man ab dieser Zeit nicht mehr vom C-14-Gehalt auf die Sonnenaktivität schließen und die Kurve ist ab da nur grau gezeichnet.
C-14-Gehalt der Atmosphäre als Abbild der Sonnenaktivität 900 bis 1850 n.Chr.
Grafik: Erwin Purucker, erstellt nach
United States Geological Survey (gemeinfrei)
Zum Ende des Maunder-Minimums sorgte 1783 der Ausbruch des Laki-Kraters auf Island und des Vulkans Asama in Japan für einen der kältesten Winter auf der Nordhalbkugel und vor allem in Europa. Auf Island, Großbritannien und in Frankreich starben viele Menschen an der schwefeldioxidhaltigen Aschewolke des Laki, die im Kontakt mit Wasser Schwefelsäure erzeugte.
Daran war die Sonne natürlich unschuldig. Wie man in obigem Diagramm sieht, hatte sie zu dieser Zeit schon wieder eine höhere Aktivität erreicht. Genauso verhält es sich mit dem sogenannten
Jahr ohne Sommer 1816, für das man als Ursache den Ausbruch des Vulkans Tambora in Indonesien verantwortlich macht.
In der folgenden längerfristigen Grafik des Temperaturverlaufs ist die Kleine Eiszeit nur als kleine Delle erkennbar.
Temperaturschwankungen im Holozän 10 000 v.Chr bis 2000 n.Chr.
Grafik: Erwin Purucker, erstellt nach
wikimedia.org (GNU-Lizenz)
Aktuell war ein Minimum im elfjährigen Zyklus der Sonnenaktivität für Herbst 2008 angekündigt. Danach hätte die Aktivität wieder ansteigen müssen zum 24. Zyklus. Dieser Anstieg hat sich verzögert und die Sonne bildete das längste und tiefste Minimum seit über 100 Jahren. Im Frühjahr 2010 erschienen wieder die ersten (bescheidenen) Anstiege und Sonnenflecken. Deshalb könnte es möglich sein, dass die nächsten Maximas geringer ausfallen, so dass die geringe Sonnenaktivität den Einfluss der
Globalen Erwärmung vielleicht teilweise ausgleichen kann. Leider geschieht dies nicht gleichmäßig über die Erde verteilt. Es sieht so aus, dass gerade die Gegenden, die stark vom Klimawandel betroffen sind, am wenigsten Ausgleich abbekommen. Bleibt die Sonnenaktivität in den nächsten Jahrzehnten gering, könnte es sogar in den kalten Gegenden Europas noch kälter werden! Bei uns im
Fichtelgebirge in
Oberfranken könnten wir leichter ein paar Grad mehr vertragen als die Tropen. Die ruhige Sonne 2008 bis 2010 hat uns aber sehr kalte und lange Winter beschert, und das obwohl schon seit 150 Jahren große Mengen Kohlendioxid in die Luft geblasen werden!
Bestimmt wird die Aktivität der Sonne vor allem mittels ihrer Aussendung von elektromagnetischen Wellen im Bereich einer Wellenlänge von 10,7 cm= 2,8 GHz und mittels der mit einfacheren Mitteln feststellbaren
Sonnenflecken-Relativzahl R. In den Phasen erhöhter Sonnenaktivität bilden sich auf der Sonnenoberfläche Flecken durch Störungen des Magnetfelds der Sonne. Je mehr Flecken, desto größer ist die Sonnenaktivität. Die Sonnenflecken-Relativzahl berechnet sich folgendermaßen:
R = Anzahl der Flecken + 10 x Anzahl der Fleckengruppen
Systematische Aufzeichnungen begann Galileo Galilei im Jahr 1610. Während des Maunderminimums von 1645 bis 1715 konnten 70 Jahre lang fast keine Sonnenflecken festgestellt werden. Die Kleine Eiszeit führte nach den Wirren des Dreißigjährigen Krieges zu großen Hungersnöten. Aktuelle Werte finden Sie hier beim
Space Weather Prediction Center (SWPC), bei der
NASA oder auf deutsch bei den sehr interessanten Seiten der
Wetterstation Zwönitz. Heute geht man allerdings davon aus, dass die kleine Eiszeit zum größten Teil durch eine erhöhte vulkanische Aktivität verursacht wurde, und nur zu einem geringen Teil durch die Sonnenaktivität.
Oft hört man Befürchtungen, dass eine erhöhte Sonnenaktivität und damit ein stärkerer Sonnenwind die Strahlenbelastung im Hochgebirge oder auf langen Flügen erhöht. Seltsamerweise ist genau das Gegenteil der Fall: Die kosmische Strahlung aus den Tiefen des Alls außerhalb unseres Sonnensystems ist nämlich wesentlich energiereicher und ein stärkerer Sonnenwind drängt genau diese Strahlung zu den Randbereichen und den äußeren Planeten ab, so dass die schädliche Strahlenbelastung in Flugzeugen in Zeiten hoher Sonnenaktivität eher sinkt.
Im Jahr 2019 ging eine Meldung durch die Presse, dass Messungen der NASA-Sonde
Advanced Composition Explorer (ACE) die höchste Belastung durch kosmische Strahlung seit Beginn der Messungen ergaben. Als Grund vermutet man den sehr schwachen Sonnenwind durch die seit ca. 2007 andauernde relative Ruhe unserer Sonne. Das bedeutet auch eine höhere Strahlenbelastung für Vielflieger, Piloten und Bordpersonal. Besonders betroffen sind natürlich Astronauten, die sich längere Zeit im Weltall aufhalten, zum Beispiel auf der Internationalen Raumstation ISS.
Auch wenn die Zahl der Sonnenflecken und damit die Sonnenaktivität in den letzten 500 Jahren gut mit Änderungen des Klimas in Mitteleuropa übereinstimmt, darf man den Grundsatz nicht vergessen, dass
ein hoher Korrelationskoeffizient kein Beweis für eine Verursachung ist. Für diesen Lehrsatz wird gern als Beispiel die hohe Korrelation zwischen der europäischen Geburtenrate und der Anzahl der Störche Europas genannt, sie würde beweisen, dass doch der Storch die Babies bringt. Die Indizien sind allerdings zwingend, egal ob man sich über die Ursachen noch streitet.
Die Intensitäts-Schwankungen der elfjährigen Aktivitäts-Maximas und -Minimas unterliegt weiteren mehr oder weniger regelmäßigen übergeordneten Zyklen. Einer davon ist der
Gleißberg-Zyklus, benannt nach dem deutschen Astronomen
Wolfgang Gleißberg, der besonders stark ausgeprägte Sonnenflecken-Maximas alle ca. 88 Jahre festgestellt hat. Dieser könnte für das lang andauernde und besonders fleckenarme Sonnenfelcken-Minimum von 2008 bis 2010 verantwortlich sein. Überlagert man den Gleißberg-Zyklus mit dem de-Vries-Zyklus (= Seuss-Zyklus) von 210 Jahren, könnten diese beiden kombiniert die Ursache für die Aktivitätsschwankungen alle 1470 Jahre sein. In diesen Zeitabständen gab es in der letzten Eiszeit plötzliche Temperatursprünge mit einem kurzen starken Temperaturanstieg und danach einer allmählichen Abkühlung. Durch Auswertung von Eisbohrkernen aus dem Grönland-Eis sind 23 dieser Temperatursprünge belegt, die man als
Dansgaard-Oeschger-Ereignisse bezeichnet. Ob sie ihre Ursache wirklich in Aktivitätsänderungen der Sonne haben, ist allerdings noch nicht abschließend geklärt. Es gibt auch Vermutungen, dass die globalen Strömungsverhältnisse in den Ozeanen regelmäßigen Schwankungen unterliegen, die von großflächiger Vereisung in den Polarregionen und Schwankungen des Salzgehalts der Meere ausgelöst werden. Sie sind vor allem als
Heinrich-Ereignisse bekannt.
Im Zusammenhang mit großen Artensterben in der Erdgeschichte oder sogar plötzlichen Klimasprüngen werden immer wieder sogenannte
Supereruptionen der Sonne ins Gespräch gebracht. Diese hätten jedoch höchstens gravierende Auswirkungen auf unsere Technik und Stromversorgung. Die direkten Folgen für das Klima und das Leben wären wohl eher gering.
Lange Zeit ging man davon aus, dass die Planeten durch ihre große Entfernung und ihre Winzigkeit keinen Einfluss auf die Sonne und ihre Aktivität haben. Insbesondere das Verhalten der Magnetfelder der Sonne scheint aber recht labil zu sein und auch auf kleine Veränderungen zu reagieren. Wissenschaftler am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) halten es für möglich, dass die Planeten auf der Sonne Gezeitenkräfte verursachen, ähnlich wie der Mond auf der Erde, natürlich mit viel geringerem Einfluss. Da die Sonne nicht fest ist, drehen sich die Gebiete an ihrem Äquator und die nahe den Polen unterschiedlich schnell um die Sonnenachse. An den Reibungsflächen dazwischen entstehen zwei ringförmige Magnetfelder südlich und nördlich des Sonnenäquators (der Omega-Effekt). Wahrscheinlich durch sekundäre Effekte entstehen dadurch aber auch Magnetfelder, die um 90° gedreht dazu entlang der Längengrade der Sonne verlaufen (der Alpha-Effekt). Sowohl die Strömungen wie auch die Magnetfelder sind chaotisch und instabil, ähnlich der
Rayleigh-Taylor-Instabilität in Flüssigkeiten oder der
Kelvin-Helmholtz-Instabilität in Gasen. Die Richtung der Magnetfelder polt sich etwa alle 11 Jahre um, was die Aktivitätsschwankungen verursacht. Die Gezeitenkräfte der inneren und der schweren Planeten könnten auf diese labilen Schwingungen einen Einfluss ausüben, als ob man einer Schaukel im richtigen Moment immer einen wintizen Schubs gibt, so dass sie sich
aufschaukelt. Besonders wenn mehrere Planeten von der Sonne aus in einer Reihe stehen, könnte der so erzeugte winzige Einfluss einen Resonanz-Effekt haben
(Quelle: Dr. Frank Stefani, HZDR).
Auch die Coriolis-Kraft, die auf der Erde am entstehen der großen Meeresströmungen wie dem Golfstrom beteiligt ist, und vermutlich auch auf dem Saturn des bekannten Wolken-Sechsecks, erzeugt auf der Sonne ringförmige Wirbel. Von den Planeten als Planetarische Wellen oder Rossby-Wellen bekannt, hat man diese auch auf der Sonne festgestellt. All diese Erscheinungen tragen zu dem chaotischen System von Strömungen und Schwingungen bei, das die Sonnenaktivität langfristig nur schwer vorhersagbar macht.
Seltsam ist auch, dass die Ebene des Sonnenäquators gegenüber den Planetenbahnen um ca. 7° gekippt ist. Nach einer Theorie Elizabeth Bailey's vom California Institute of Technology könnte der rätselhafte und noch nicht entdeckte Planet X oder Planet Neun dafür verantwortlich sein, der möglicherweise weit außerhalb der Neptunbahn in einer stark elliptischen Bahn die Sonne umkreist. Nach langen Zeiträumen in seiner weiten Ellipse könnte er wiederholt im Bereich seines sonnennähesten Punktes durch seine Gravitation die Sonne ins taumeln gebracht und so die Neigung der Sonnenachse verursacht haben. Dazu müsste seine Umlaufbahn allerdings um mindestens 30° gegenüber der Äquatoreben der Sonne geneigt sein und es müsste sich um einen sehr großen Himmelskörper handeln, der dann nicht in unserem Planetensystem entstand, sondern von außen kommend von der Schwerkraft der Sonne eingefangen wurde, also ein Exoplanet. Im Bereich der Sonnennähe könnte er das gesamte Sonnensystem beeinflussen und Umlaufbahnen auch der Erde verändern. Auch könnte er Asteroiden aus dem Kuipergürtel, der Oortschen Wolke oder dem Asteroidengürtel von ihrer Bahn abbringen und möglicherweise auf die Erde lenken.