Marcel ProustFritz R. Glunk
Taschenbuch
Der große französische Schriftsteller Marcel Proust (1871-1922) hasste es, wenn man zur Deutung literarischer Werke das Leben ihrer Verfasser bemühte, um Parallelen aufzudecken. Trotzdem ist - angeleitet durch Indizien wie den Titel des Hauptwerks Auf der Suche nach der verlorenen Zeit oder den Umstand, dass sich dessen Erzähler einmal als "Marcel" betitelt - immer wieder vom Romanzyklus auf das Leben seines Autors kurzgeschlossen worden. Einer der größten Proust-Biografen überhaupt, George Painter, behauptet etwa, die Suche wolle "die symbolische Lebensgeschichte von Proust sein" - wobei er verkennt, wie stark sich der Autor, der sich schon in jungen Jahren aus der Pariser Bohème- und Salonkultur in sein schallisoliertes Zimmer zurückzog, um sich ganz dem Schreiben zu widmen, von der Lust am Fiktiven leiten ließ. Mit diesen Vorurteilen der Proust-Rezeption räumt der Münchner Fritz R. Glunk in seiner zwar schmalen, aber jederzeit überzeugenden Biografie trefflich auf. Er beleuchtet Kindheit und Jugend des Erzählgenies, seine bewegte Existenz als Dandy ebenso wie seinen radikalen Rückzug aus der Gesellschaft (sein "asketisches Leben"). Schade ist eigentlich nur, dass der vorzügliche Band trotz der Ankündigung des Klappentextes eher spärlich bebildert ist. Glunk habe "nicht das Geheimnis des schöpferischen Genies ans Licht bringen" wollen, gibt der Autor im Vorwort an. Vielmehr habe ihm vorgeschwebt, "mit Genauigkeit und Liebe einen Menschen zu begleiten und dabei ein Leben zu beschreiben, das kein Leben war". Eben dies aber ist ihm mit Marcel Proust glänzend gelungen. -Thomas Köster
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