Famose Kerle: Eulenburg - eine wilhelminische AffärePeter Jungblut
Gebundene Ausgabe
Peter Jungblut ist Journalist. Er arbeitet als Radiokorrespondent im A R D-Hauptstadtstudio und zeichnet einen politischen und gesellschaftlichen Skandal um Homosexualität vor knapp 100 Jahren nach: Eulenburg. Eine wilhelminische Affäre. " Jeder sagt dem andern nur Schlechtes nach. Und sie haben alle recht. " Peter Jungblut nennt dies mit den Worten Kurt Tucholskys die Kernaussage in der Eulenburg-Affäre. < P> Jungblut öffnet die Akten mit einem Prolog (" Olympische Freuden, irdische Leiden") und endet mit einem Epilog (" Ganymed wohnt hier nicht mehr"). Der einem Drama ähnliche Anfang endet jedoch inhaltlich eher in einem tragikomischen Schauspiel. Graf Philipp zu Eulenburg und Hertefeld steht dabei im Mittelpunkt. Jungblut erzählt aus dem Leben Eulenburgs und seiner politischen Karriere, seiner Bekanntschaft mit der Familie Otto von Bismarcks und von seiner langjährigen innigen Freundschaft mit Kaiser Wilhelm I I. Das im Plauderton erzählte Sachbuch deckt dabei die wichtigsten Stationen ab, um die Tragweite des Prozesses zu veranschaulichen. Es geht dabei nach Jungblut "erstens um die feine Gesellschaft, zweitens um Sexualität und drittens um hohe Politik". < P> In Wirklichkeit zeigt Jungblut jedoch vielmehr überzeugend auf, wie stark die Macht der Presse und deren Mechanismen angesichts des damals erpressbaren Phänomens Homosexualität war, konnte doch der Journalist Maximilian Harden durch sein geschicktes Agieren die Auflagenzahl seiner Wochenzeitschrift Die Zukunft von 6. 000 auf 70. 000 Exemplare steigern. Auch wenn Vergleiche mit Drehbuchautoren von T V-Gerichtsshows und heutigen Computer-Kids angesichts des historischen Stoffs an manchen Stellen deplatziert und störend wirken, zeigen gerade diese Vergleiche, dass ein solcher Skandal nach hundert Jahren trotz größter Dramatik verpuffen würde. Waren Schwule während und nach der über vier Jahre dauernden Eulenburg-Affäre verstärkt bedroht und denunziert, so füllte 2003 die Hamburger Polit-Affäre um Ronald Schill und Ole von Beust nicht einmal ein Sommerloch. < I>-Mathias Mahler
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