Shopping - 100 Jahre Kunst und KonsumChristoph Grunenberg, Max Hollein
Gebundene Ausgabe
Mit den amerikanischen Pop-Art-Künstlern hat alles angefangen. Nicht nur, dass Siebdruck-Meister oder Comic-Fans wie Andy Warhol und Roy Lichtenstein offen den Konsum und seine technisch reproduzierbare Warenwelt lobpriesen: 1964 stellten sie einen ganzen gefälschten Supermarkt mit Bildern, Chrom-Eiern und Plastik-Fleisch in eine Galerie. Dieses Gesamtkunstwerk hat der Direktor der Frankfurter Kunsthalle Schirn, Max Hollein, für die Ausstellung Shopping in seinen Räumen wieder aufgestellt: Wer hier eintritt, wird von einem echten Supermarkt mit täglich durch Tengelmann neu aufgefülltem Obst und Gemüse des belgischen Künstlers Guillaume Bijl begrüßt, um am Ende von seinem künstlichen Pop-Art-Pendant verabschiedet zu werden. Symbolischer kann man einen Streifzug durch 40 Jahre Kunst-Konsum-Geschichte sicher nicht gestalten. Und deutlicher kann man wohl auch nicht machen, wie eine einstmals originelle Idee inzwischen zur ästhetischen Routine verkommen ist. Aber der Einzug von industriell Gefertigtem in die Museen begann ja bekanntlich mit den Ready Mades von Marcel Duchamps. Auch die hat Hollein in seine Schau mit aufgenommen, die der bei Hatje Cantz publizierte Katalog reichhaltig illustriert referiert. Des Weiteren finden sich Gemälde, Fotos und Objektkunst von Eugène Atget, Man Ray, Claes Oldenburg, Joseph Beuys, Christo, Katharina Frisch, Andreas Gursky, Miwa Yanagi oder Damien Hirst. Und auch Barbara Krugers großformatige, extra für die Ausstellung im Frankfurter Innenstadtraum realisierte Arbeit ist mit aufgenommen. Kruger hat die Fassade eines echten Konsumtempels mit ihren konsumkritischen Parolen verkleidet. Auf 2. 200 Quadratmetern war da über einem ernüchternd dreinblickenden Augenpaar unter anderem " Du willst es - Du kaufst es - Du vergisst es" zu lesen. Dieses die Kunstgeschichte der Moderne und Postmoderne durchziehende Spiel mit Schein und Sein, Waren und Wahrem - einer Kunstgeschichte zudem, die längst selbst immer mehr zum Markt geworden ist - spiegelt der schön gemachte und von Boris Groys klug kommentierte Shopping-Katalog adäquat wieder. Also: In den elektronischen Warenkorb damit und ab zur Kasse. -Thomas Köster
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