Der Vatikan und HitlerPeter Godman
Gebundene Ausgabe
Schon bevor das Heilige Offizium 1998 seine bis dahin geheimen Archive erstmals für die Forschung öffnete, hatte Peter Godman darin seit einiger Zeit recherchieren dürfen. Herausgekommen bei seinem vatikanischen Aktenstudium war damals eine ausgesprochen interessante Arbeit über die Geschichte der kirchlichen Zensur ( Die geheime Inquisition). Für sein neues Buch Der Vatikan und Hitler hat sich der Autor ein weiteres Mal in zuvor verschlossenen Abteilungen des Kirchenarchivs umgetan und hat die Akten durchforstet, die die Zeit von 1933 bis 1939 betreffen. Zu dieser Zeit war der 1939 zum Papst ( Pius X I I. ) gewählte Eugenio Pacelli als Kardinalstaatssekretär bereits einer der führenden Köpfe im Vatikan. Und gegen ihn richtete sich später vor allem die Kritik, die man an der Kirche wegen ihrer zögerlichen Haltung gegenüber den Nationalsozialisten übte; so etwa Rolf Hochhuth in seinem Aufsehen erregenden Theaterstück Der Stellverteter. Die Kirche, und das heißt insbesondere Pacelli, hätte zur Politik der Nazis nicht nur geschwiegen, sondern sich gar mit Hitler arrangiert, lautet das bis heute weit verbreitete Urteil. Für dessen Begründung verweist man immer wieder auf das federführend von Pacelli mit den Nationalsozialisten ausgehandelte Konkordat von 1933. Doch ganz so einfach dürfe man sich die Sache nicht machen, meint Peter Godman. Tatsächlich habe der Vatikan zwar eine eher vorsichtige Politik der diplomatischen Nadelstiche gegen die Nationalsozialisten betrieben und den offenen machtpolitischen Schlagabtausch vermieden. Doch dies aus taktisch durchaus guten Gründen. Auch dass sich Pius X I. gegen die Veröffentlichung der ihm vom Heiligen Offizium 1936 vorgelegten Verurteilung der Nationalsozialisten entschlossen habe, rechtfertigt Godman mit Hinweis auf die Konsequenzen, die die Kirche andernfalls zu gewärtigen gehabt hätte, zumal man mit dieser Schrift außer dem Nationalsozialismus auch den anderen totalitären Irrlehren der Zeit offen seine Feindschaft erklärt hätte. " Wir wissen", schreibt Godman, "dass Goebbels und Hitler Pläne hatten, die katholische Kirche zu vernichten. " Und etwas anderes gibt der Autor ebenfalls nicht ohne Recht zu bedenken: Hätten sich die deutschen Katholiken denn einer Verurteilung der Nationalsozialisten überhaupt angeschlossen? " Alle Hinweise aus Berlin und anderswo haben dagegen gesprochen. Der Vatikan glaubte, dass die deutschen Katholiken hinter Hitler standen. " - Zu welchem Urteil man selbst am Ende auch kommen mag: Godmans Buch ist zweifellos ein wichtiger Beitrag zur Klärung der Frage nach der Schuld, welche die katholische Kirche auf sich geladen haben mag oder nicht. -Andreas Vierecke
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