Maria Magdalena, die Kirche und die Inquisition
Die frauenfeindliche Tendenz in der frühen Kirche setzte erst Jahrzehnte nach Jesu Kreuzigung ein. Man musste den Menschen ein schlechtes Gewissen einreden und ihnen Erlösung versprechen, um sie zu binden und sie gefügig zu machen. Nachdem die Zehn Gebote dazu nicht ausreichten, entdeckte man etwas, das nicht erst seit Sigmund Freud in allen Köpfen herumspukt, die Sexualität. Schuld und das Versprechen der Erlösung wurden zum Erfolgsrezept der Kirche. Ein Beispiel unter vielen ist die gnostische Schrift
Pistis Sophia, in der Jesus nach seiner Auferstehung angeblich noch elf Jahre auf Erden lebte und unter anderem 32 fleischliche Begierden aufzählt, die der Erlösung im Weg stehen. Die Entwicklung führte schließlich über viele Jahrhunderte unter anderem zu den Ablasszahlungen, denen wir die großartigen Kirchenbauten und Kirchenschätze verdanken, und die erst dank Martin Luther in der Versenkung verschwanden. Die
➜ Hexenverfolgungen begrüßte Luther übrigens noch als notwendig und gut und erst in der beginnenden Neuzeit erlebten die Hexenverbrennungen ihren Höhepunkt.
Maria Magdalena und der Heilige Gral
Nach einer alten Legende führte Maria Magdalena bei ihrer Flucht aus Israel einen Gegenstand mit sich, der ihr sehr wichtig war. Seit vielen Jahrhunderten kennt man ihn als
Heiliger Gral. Manche dieser Grals-Legenden vermuten, dass es sich um einen Kelch handelt, der beim letzten Abendmahl verwendet wurde, und mit dem Jesu Blut aufgefangen wurde, als er am Kreuz verletzt wurde. Viele Grals-Ritter suchten nach ihm, da er große Macht verleihen soll. Auch heute zieht die Legende allerlei Abenteurer magisch an. Als Anfang des 20. Jahrhunderts ein Dorfpfarrer in
Rennes-le-Chateau in Südfrankreich viel Geld ausgab, vermuteten viele, er habe einen Schatz gefunden, vielleicht sogar den Heiligen Gral. Von überall her kamen Schatzsucher und gruben die ganze Gegend um.
Maria Magdalena, eine Heilige?
Zu allen Zeiten wurden besondere Menschen auch besonders verehrt. Man sagte ihnen nach, den Göttern besonders nahe zu stehen, von den Druiden der Kelten, den Medizinmännern der Indianer über die
Erleuchteten des Hinduismus und Buddhismus bis zu den Propheten der Bibel und vielleicht auch der Mohammed des Islam. Selbst die Pharaonen der alten Ägypter, obwohl man sie sogar selbst als Götter verehrte.
Die katholische Kirche trieb den Kult um die Heiligen auf die Spitze. Die 365 Tage des Jahres reichen nicht aus, um für jeden einen Gedenktag vorzusehen, nur am 29. Februar gibt es keinen, das wäre auch diskriminierend, nur alle 4 Jahre! Für Maria Magdalena sah man im Heiligenkalender den 22. Juli vor. Neben Tag und Monat orientierten sich die Menschen im Jahreslauf auch nach den Heiligennamen. Besondere Vorkommnisse werden bis heute nach dem Heiligen benannt, der zu der Zeit gerade seinen Gedenktag hatte, so zum Beispiel das
Magdalenenhochwasser, eine verheerende Überschwemmungskatastrophe, die am Magdalenentag, dem
Fest der heiligen Maria Magdalena, den 22. Juli 1342, die Flüsse in Mitteleuropa in noch nie gekannter Höhe über die Ufer treten ließ. Die Schuld schob man nicht auf die betreffende Heilige, die Benennung bezog sich nur auf den Zeitpunkt. Heute weiß man, dass dieses Hochwasser der Vorbote der
Kleinen Eiszeit war, eines klimatisch kühlen Zeitabschnitts von 500 Jahren, der bis ins 19. Jahrhundert reichte.
➜ Klimageschichte im Fichtelgebirge
Ein Jüngling mit frauenhaften Gesichtszügen (androgyn)?
Bei den folgenden Gemälden, Reliefs und Kirchenfenstern kann durchaus auch ein junger Mann gemeint sein. Vielleicht war Johannes noch sehr jung? Neben einigen Bibelstellen, vor allem in apokryphen Evangelien, sind solche Bilder sicher auch der Grund, dass man dem historischen Jesus mögliche Homosexualität nachsagt. Damit würde obige Erklärung allerdings sinnlos, warum er (sie?) so teilnahmslos, oft sogar schlafend, dargestellt wird.