|
Du, mein Licht in dunkler Nacht
Ein Liebesroman von Peter Althammer
|
Die Suche
Johnny sah sich gerade die Elf Uhr Nachrichten an, als
es bei ihm Glockensturm läutete. Mit einem Satz sprang er aus
seinem bequemen Sessel auf, schnappte sich seine Jacke die am Haken
an der Wandgarderobe hing und schwups war er auf dem Weg nach unten.
Kaum aus dem Mietsreihenhaus heraus hielt er nach einem wartenden
Wagen Ausschau. Er erspähte eine nigelnagelneue Familienkutsche
aus dem Hause von Mercedes und stieg an der Beifahrerseite ein.
Schweigend und ohne sich zu begrüßen fuhren die beiden
los. Nach etwa fünf Minuten Fahrt:
»Sie denken, dass ich mit Sheilas verschwinden zu
tun habe, oder? Es könnte ja sein, dass ich sie irgendwo versteckt
halte?«, sagte Johnny höhnisch.
»Junger Mann, das ist wahrhaftig nicht die Zeit,
sich über mich lustig zu machen.«, entgegnete Herr Roiger.
»Sie haben Recht, verzeihen sie.«, sagte
Johnny.
Wieder vergingen einige Minuten des Schweigens.
»Ich liebe sie.«, sagte Johnny.
»Was haben sie gesagt?«, fragte Herr Roiger.
»Ich sagte, dass ich ihre Tochter liebe.«,
wiederholte Johnny.
»Ich weiß. Ich liebe sie auch.«, sagte Herr
Roiger mit bedrückter Stimme.
Herr Roiger begann, Johnny zu erzählen. Nach Aussage
der Nachbarin Frau Kubelik zufolge gäbe es eine Möglichkeit,
wenn die logischen Gesetzmäßigkeiten so eintreffen würden,
wie er es sich in Gedanken zurechtlegte, Sheila wieder zu finden.
Johnny sagte nichts dazu, er zuckte nur mit den
Schultern.
»Ich weiß, dass es eine äußerst winzige
Chance ist, aber es ist eine Möglichkeit,
die wir nutzen sollten oder etwa nicht?«, deutete er.
»Da könnte was dran sein. Ich würde so
handeln, wenn ich denn dieser Karl wäre.«, sagte Johnny
mit einem hoffnungsvollen Blick, der alles auszusagen schien.
»Genau diese gleichen Worte sagte ich noch vor
zwei Stunden meiner verzweifelten Frau.«, sagte er und wurde in
seiner Verbrechenstheorie noch bestärkt.
»Also ich verstehe nur Bahnhof, ich denke, ich bin
etwas begriffsstutzig, was genau sagten sie vor zwei Stunden ihrer
Frau?«, wollte Johnny wissen.
»Na, diese Worte: Ich würde so handeln, wenn
ich Karl wäre.«, wiederholte sich Herr Roiger.
»Ach so, diese Worte. Und sie haben die gleiche
Wortwahl gewählt?«, fragte Johnny nun neugierig nach.
»Exakt die gleiche Wortwahl. Ich meine, das sagt
uns doch etwas. Ich glaube normalerweise nicht an Gedankenübertragung
und diesen ganzen Schnickschnack drum herum, aber in diesem einen
Fall muss etwas daran sein. Ich hoffe, dass sie mich jetzt nicht für
durchgedreht halten. Aber zu Hause verspürte ich einen
unwiderstehlichen Drang, zu Ihnen zu fahren. Und ihre Wortwahl
bestätigt doch meine Vermutung.«, erzählte Herr
Roiger aufgeregt.
»Ich weiß, sie vermuten, dass es Sheilas Gedanken
sind, die uns zusammengeführt haben und uns antreiben. Stimmt es?«,
wollte er nun wissen.
»Ja, sehen sie es denn nicht. Seit sie in meinem
Wagen sitzen, sagen sie exakt meine Gedanken voraus. Das kann doch
kein Zufall sein, oder?«, frage er.
»Ich glaube ihnen ja. Auch ich habe zu Hause
versucht, an Sheila meine Gedanken zu senden und ich habe von ihr, als
ich für kurze Zeit im Sessel einschlief, geträumt. Verrückt
nicht wahr.«, erzählte er.
»Nein, sie sind nicht verrückt. Sie müssen
mir Glauben. Was haben sie von Sheila geträumt?«, fragte
Herr Roiger nun eindringlich.
»Ist denn das von Bedeutung?«, fragte er
dummerweise. Zu spät merkte Johnny, dass Sheilas Vater es ernst
meinte und wie besessen davon zu sein schien. Aber er konnte auch
nicht das Gegenteil beweisen. Und wenn er ehrlich zu sich selbst ist,
glaubt er in gewisser Hinsicht auch daran.
»Ob es von Bedeutung ist, natürlich ist es
das. Es ist alles von Bedeutung, wenn es um meine Tochter Sheila
geht. Haben sie mich verstanden?«, schrie er Johnny an.
»Verzeihen sie mir, es war dumm von mir, daran zu
zweifeln. Natürlich ist es von Bedeutung.«, entschuldigte
er sich.
»Nein, ich muss mich bei Ihnen entschuldigen. Ich
habe mich gehen lassen. Verzeihen sie mir. Ich habe nur so
schreckliche Angst um sie.«, sagte er im Weinkrampf.
»So beruhigen sie sich doch Herr Roiger. Wir
brauchen nun einen scharfen Verstand, also einen klaren Kopf und wir
dürfen uns nicht von negativen Gedanken leiten lassen. Also ich
träumte, dass Sheila mich rief. Und sie lag neben einem Baum und
sie war gefesselt.«, berichtete er.
»Konnten Sie die Gegend irgendwie erkennen, wo sie
lag, denken Sie nach.«, fragte er.
»Nein, tut mir leid, Herr Roiger, das war alles was
ich in meinem Traum sah. An mehr kann ich mich nicht erinnern.«,
sagte er enttäuscht.
»Nun gut. Da kann man nichts machen.«, sagte
Herr Roiger.
Und die Fahrt ging weiter, bis sie schließlich von
weitem die Lichter von Brandhausen sahen.
»Da sehen sie Herr Roiger, das muss die kleine
Stadt Brandhausen sein, oder?«, fragte er nach.
»Ja, richtig, das ist sie. So, hier in der Nähe
muss ein größerer Feldweg oder eine Zufahrt in den Wald
hinein führen. Wir müssen langsamer fahren. Sie sitzen auf
der rechten Seite, geben sie nun auf einen Weg acht, der in das Feld
hinein führt.«, sagte Herr Roiger
»Ja, tue ich. Es muss jedenfalls ein Weg sein, auf
dem man locker mit dem Auto entlangfahren kann. Hoffentlich gibt es
nicht so viele davon?«, deutete Johnny.
»Egal und sollten es hunderte sein, wir fahren
jeden einzelnen ab, wenn es denn sein müsste.«, beschloss
Herr Roiger mit eisernem Willen.
Immer und immer wieder fuhren sie die etwa zwei
Kilometer Waldgebiet vor der kleinen Stadt Brandhausen, ohne
jegliche Zufahrt, auf und ab. Herr Roiger hatte an alles gedacht und
zwei leuchtkräftige Taschenlampen auf dem Rücksitz liegend
mitgebracht, von denen sich Johnny eine aneignete. Es gab viele
kleinere Wege, an denen Johnny ausstieg und sie aufs genaueste
begutachtete, jedoch waren sie viel zu schmal, um mit einem Auto
hineinfahren zu können. Und glücklicherweise gab es in
diesem Abschnitt nur einen größeren Feldweg, der es zuließ
mit einem Auto in das Feld zu dem angrenzenden Waldstück hineinzufahren.
Sie fuhren ein paar Meter hinein um die nachkommenden
Autofahrer nicht zu blockieren und somit einen Unfall zu verursachen.
Da standen sie nun mit laufendem Motor.
»So, Herr Roiger, jetzt hilft uns nur unsere
Eingebung. Das ist der einzige Weg, der für ein Auto groß
genug ist und zu dem Waldstück führt. Und ich sage es noch
einmal: Ich würde so handeln, wenn ich Karl wäre. Also,
lassen sie uns nun diesen gottverlassenen Weg so lange entlang
fahren, wie es nur irgend möglich ist.«, forderte Johnny.
Langsam und vorsichtig fuhren sie den holprigen Feldweg,
der zum Wald führte, entlang. Tiefes Schweigen beherrschte nun
dieses Szenario, begleitet von Hoffnung, Angst und Verzweiflung. Was
werden sie vorfinden, werden sie überhaupt Sheila finden. Nach
einigen sehr holprigen Minuten, ging es absolut nicht mehr weiter.
Dann stiegen beide mit den Taschenlampen in den Händen aus und
gingen zu Fuß weiter in den angrenzenden Wald hinein. Sie
befanden sich nun zirka zwanzig bis dreißig Meter tief in dem
Wald und blieben kurz stehen um dieses stück Wald mit ihren
Taschenlampen auszuleuchten. Dann begann Johnny zu rufen. Er rief
mehrmalig ihren Namen, bekam jedoch keinerlei Antwort.
»Wenn du geträumt hast, dass sie Gefesselt
sei, dann kann sie doch auch geknebelt sein und ist somit nicht in
der Lage zu Antworten, nicht wahr?«, sagte Herr Roiger mit
zitternder Stimme.
»Natürlich, da könnten sie Recht
behalten.«, gab ihm Johnny Recht. Doch Johnny hatte wenig
Hoffnung. Vielleicht hätten sie doch bis zum Morgengrauen warten
müssen um sich dann hierher auf die Suche nach ihr zu machen.
Sie beschlossen, noch etwas weiter in den Wald hinein zu gehen. Und
während sie das taten stieg Herr Roiger mit seinem linken Fuß
in eine Unebenheit, in ein Loch hinein und verstauchte sich so sehr
den Knöchel, dass es für ihn unmöglich wurde auch nur
ein Stück alleine voran zu kommen. Johnny hob ihn auf und
brachte ihn per Huckepack zum Fahrzeug zurück. Er beschloss
darauf hin, alleine weiter zu suchen. Und Johnny lief sehr langsam,
wobei er versuchte, so viel wie möglich vor und seitlich von ihm
mit der Taschenlampe abzuleuchten.
Er sah nach hinten zum Auto, das nun wie ein
Weinachtsbaum leuchtete, da Herr Roiger seine Flutlichter am Auto
anschaltete, was sich nicht einmal als eine schlechte Idee
herausstellte. Damit leuchtete das Auto ein enorm großes Stück
Wald aus.
Kapitel 18
© 2008 by Peter Althammer
|
Sollten Sie als Verlag Interesse an einer Veröffentlichung in Buchform haben,
nehmen Sie bitte Verbindung auf:
Kurze Vita des Autors, Kontakt
Reiseberichte mit Fotos, Interessantes und Kurioses aus aller Welt:
www.panoptikum.net
|